Am Montag ging es in einer öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses um die Bekämpfung des Wohnungseinbruchsdiebstahls mittels Telekommunikationsüberwachung. Diese ist bisher nur befristet erlaubt. Sollte das geändert werden?
Am Montag befasste sich der Rechtsausschuss in einer öffentlichen Anhörung mit einem Gesetzentwurf der Fraktion der CDU/CSU zur "Bekämpfung des Wohnungseinbruchsdiebstahls".
Die schwarz-rote Koalition hatte die Erlaubnis zum Abhören 2019 mit dem Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens auf Einbrüche in dauerhaft genutzte Privatwohnungen nach § 244 Abs. 4 Strafgesetzbuch (StGB) ausgeweitet, verbunden mit dem Ziel, die oftmals organisierten kriminellen Strukturen dahinter aufzudecken. Seitdem darf die Polizei gem. § 100a Strafprozessordnung (StPO) auch die Telekommunikation eines einzelnen Tatverdächtigen überwachen (Telekommunikationsüberwachung, kurz: TKÜ). Dort ist der Wohnungseinbruchsdiebstahl in § 100a Abs. 2 Nr. 1 j) StPO als Katalogtat aufgenommen. Der Unterschied: Bis 2019 war das nur bei Einbrecherbanden möglich.
Ermöglicht wurde 2019 dabei sowohl die Telefonüberwachung als auch die sogenannte Quellen-TKÜ, mit der etwa Nachrichten über verschlüsselte Messengerdienste direkt auf dem Handy der überwachten Person mitgelesen werden können. Gleichzeitig wurde damals eine Evaluierung der neuen Regelung nach fünf Jahren vereinbart.
Nach dem aktuellen Gesetzentwurf der CDU/CSU soll die für den Wohnungseinbruchdiebstahl befristet vorgesehene TKÜ nun über den 11. Dezember 2024 hinaus gelten. Die Union spricht sich damit für eine Verlängerung der bestehenden Regelung ohne zeitliche Begrenzung aus.
Das Bundesjustizministerium (BMJ) beabsichtigt, die TKÜ um weitere fünf Jahre, also erneut nur befristet zu verlängern. Es ist überzeugt, dass jetzt noch gar nicht beurteilt werden kann, wie sich die Neuregelung in der Praxis ausgewirkt hat. Die Ergebnisse der bisherigen Auswertung seien nicht aussagekräftig. Denn aufgrund der Kontaktbeschränkungen in der Corona-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 hätten sich die Menschen in Deutschland besonders viel in ihren eigenen vier Wänden aufgehalten. Entsprechend sei auch die Zahl der Wohnungseinbrüche in diesem Zeitraum gesunken.
Die im Rechtsausschuss gehörten Sachverständigen sprachen sich überwiegend für eine Entfristung aus.
Ermittler sind für die Verlängerung
Bei der Expertenanhörung im Rechtsausschuss des Bundestages hatten vor allem Vertreter der Strafverfolgungsbehörden sowie der Polizei dafür plädiert, diese Erweiterung des Katalogs von Straftaten, bei denen die TKÜ genutzt werden darf, über Dezember 2024 hinaus beizubehalten.
Peter Holzwarth, Oberstaatsanwalt, Leiter der Abteilung für organisierte Kriminalität bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart, erklärte in seiner Stellungnahme, die TKÜ verbessere in geeigneten Fällen die Aufklärungsmöglichkeiten erheblich und sei deshalb nach wie vor erforderlich. In der Praxis werde bei ungeklärten Wohnungseinbrüchen sehr sparsam von der Möglichkeit der TKÜ Gebrauch gemacht, woraus zu schließen sei, dass die besondere Verhältnismäßigkeitsprüfung sowie das Erfordernis der Subsidiarität durchaus ernst genommen werden. Lars Mahnke, Oberstaatsanwalt aus Hamburg, berichtete von Einbruchserien, die ohne die Möglichkeit, Telekommunikation zu überwachen, nicht hätten aufgeklärt beziehungsweise beendet werden können.
Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Alexander Poitz, bezeichnete die TKÜ ebenfalls als notwendiges Instrument bei der Bekämpfung des Wohnungseinbruchsdiebstahls und forderte die Entfristung im bestehenden Gesetz. Die langjährige Erfahrung polizeilicher Ermittlerinnen und Ermittler zeige, dass Täterstrukturen regelmäßig nicht mehr aufzuklären sind, wenn die Möglichkeit zur Kommunikationsüberwachung entfalle. Eine erneute Befristung der Regelung für weitere fünf Jahre, wie sie im aktuellen Diskurs vorgeschlagen werde, sei aus Sicht der GdP nicht zielführend.
Kritiker haben Datenschutzbedenken
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Ulrich Kelber, betonte, dass die TKÜ ein erheblicher Eingriff in das Grundrecht aus Art. 10 Grundgesetz (GG) sei, nach dem das Fernmeldegeheimnis unverletzlich ist. Zudem dürfe sie nur in sehr wenigen, besonderen Fallkonstellationen eine Erfolg versprechende Ermittlungsmaßnahme zur Aufklärung der Tat darstellen. Eine angestrebte Effizienz-Beurteilung der Regelung sei nicht möglich, da weder die Deliktszahlen noch die Aufklärungsquoten der Kriminalstatistik der vergangenen Jahre repräsentativ seien. Da die Wirksamkeit der bisherigen Gesetzesänderung noch nicht abgeschätzt werden könne, wäre eine permanente Aufnahme des Wohnungseinbruchsdiebstahls vor dem Hintergrund der Intensität des Eingriffs verfrüht, sagte Kelber. Er sprach sich für eine repräsentative Evaluierung und eine Verlängerung der ursprünglichen Regelung um weitere fünf Jahre aus.
Björn Gercke, Mitglied des Strafrechtsausschusses der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), und Gül Pinar, Mitglied des Strafrechtsausschusses des Deutschen Anwaltvereins (DAV), lehnten in ihren Stellungnahmen den Gesetzentwurf ab. Gercke sagte, die Evaluierung des BMJ lasse eine kaum messbare Bedeutung der Regelung in der Ermittlungspraxis erkennen. In jedem Fall wäre eine Fortgeltung zu befristen. Zudem sei die TKÜ eine der grundrechtsinvasivsten Maßnahmen, die die StPO kenne. Der aktuelle Gesetzentwurf reihe sich aus Sicht der BRAK nahtlos in den Trend zur Ausweitung strafprozessualer Befugnisnormen ein, sagte Gercke, der von Symbolpolitik sprach. Auch der DAV widerspricht Pinar zufolge der vorgesehenen Regelung, da sie einen unverhältnismäßigen Eingriff in das grundrechtlich geschützte Fernmeldegeheimnis darstelle.
Die CDU/CSU-Fraktion schreibt in ihrem Entwurf, dass die registrierten Wohnungseinbruchsdiebstähle laut der Polizeilichen Kriminalstatistik 2022 in der Zeit zwischen 2019 und 2021 zurückgegangen, dann aber im Jahr 2022 auf insgesamt 65.908 Taten angestiegen seien. Die Aufklärungsquote sei demgegenüber gesunken und habe bei 16,1 Prozent gelegen. Die Anzahl der Wohnungseinbrüche sei damit bei Weitem zu hoch und die Aufklärungsquote bei Weitem zu gering.
dpa/cho/LTO-Redaktion
Verlängerung der Kommunikationsüberwachung: . In: Legal Tribune Online, 19.03.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54149 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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