Das vom Bund geplante Tariftreuegesetz sei verfassungswidrig, so die Arbeitgebervereinigung BDA. Die Regeln seien wichtig, um Lohndumping zu verhindern, hält die Chefin des Deutschen Gewerschaftsbundes Fahimi dagegen.
Der klassische Konflikt – Arbeitgeber gegen Gewerkschaften – entzündet sich aktuell am geplanten Tariftreuegesetz. Die SPD-Fraktion im Bundestag kündigte das entsprechende Gesetz für diesen Herbst an. Die Regierung will damit die Auftragsvergabe des Bundes an bestimmte Unternehmen daran knüpfen, dass diese einen für die jeweilige Branche repräsentativen Tarifvertrag einhalten.
Grund für die Reformpläne ist, dass die Quote tarifgebundener Arbeitsplätze seit Jahrzehnten sinkt. Laut dem Statistischen Bundesamt ist die Reichweite von Tarifverträgen im Westen Deutschlands zwischen 1998 und 2022 um mehr als 20 Prozent gesunken.
Von der Neuregelung sollen nun vor allem Beschäftige in Unternehmen ohne Tarifvertrag profitieren. Sie bekommen in der Regel geringere Löhne und arbeiten unter schlechteren Bedingungen. Bisher vergibt der Staat seine öffentlichen Aufträge, beispielsweise bei Bauprojekten, oft an Unternehmen ohne Tarifbindung, weil sie günstiger sind.
Die Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Yasmin Fahimi begrüßt deshalb die Pläne der Bundesregierung als Schritt gegen Lohndumping.
"Mit Steuergeldern kein Lohndumping fördern"
Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hält den Reformvorschlag hingegen für verfassungswidrig. "Tarifzwangregelungen greifen in die vom Grundgesetz geschützte Tarifautonomie ein", sagte er unter Berufung auf ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. Felix Hartmann, Professor für Arbeitsrecht an der Freien Universität Berlin. Wie die FAZ berichtet kommt Hartmann zu dem Ergebnis, dass die Koalitionsfreiheit gemäß Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz (GG) wegen der unzureichenden Begründung des tiefen Eingriffs verletzt sei. Außerdem verstoße das geplante Gesetz gegen die europäische Dienstleistungsfreiheit.
DGB-Chefin Fahimi entgegnete, dass in Deutschland die Koalitionsfreiheit von der Verfassung geschützt sei, aber nicht eine Tarifvertragsfreiheit. Die Koalitionsfreiheit sei das Recht, sich in Vereinigungen zusammenzuschließen. Es gehe bei dem geplanten Bundestariftreuegesetz aber nicht darum, ob ein Betrieb direkt tarifgebunden sei.
Gegenstand der Regelung sei nur, dass ein öffentlicher Auftrag nur an Unternehmen gehe, die sich an Kernverabredungen des maßgeblichen Tarifvertrages halten, so die Fahimi. "Das schließt niemanden aus und ist gesellschaftlich sinnvoll, weil mit Steuergeldern keine Geschäftsmodelle des Lohndumpings gefördert werden dürfen." Im Hinblick auf den Kaufkraftverlust in Deutschland sei dies auch notwendig.
lfo/LTO-Redaktion
Streit um Tariftreuegesetz: . In: Legal Tribune Online, 04.08.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52413 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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