Manipulierte Kassen, Schummelsoftware oder falsche Rechnungen - seit Jahren prellen Steuerbetrüger den Fiskus. Experten schütteln den Kopf über die Untätigkeit des Staates. Doch der kündigt nun Maßnahmen an.
Wenn es um betrügerische Imbissbuden- oder Kneipenbesitzer geht, betreiben Steuerfahnder einen hohen Aufwand. Da zählen sie schon mal aus einem Versteck heraus mit dem Fernglas die Gäste. Oder lassen eine bestellte Pizza im Labor wiegen, um anhand der ermittelten Menge den Einkauf der Zutaten hochzurechnen, mit dem Verkauf zu vergleichen und mögliche verschwiegene Erlöse aufzudecken. Verdächtig ist auch, wenn ein Gastronom mehr Schnitzel einkauft, seine Einnahmen aber sinken.
Dass mit diesem sogenannten Zeitreihenvergleich der Steuerbetrug in der Gastronomie im ganz großen Stil bekämpft werden kann, darf bezweifelt werden. Es hilft aber. Der Bundesfinanzhof (BFH) mahnte jüngst jedoch einen zurückhaltenden Umgang mit dieser Schätzmethode an. Die obersten Finanzrichter machen in ihrem Urteil aber auch klar: "Elektronische Kassensysteme sind durch Umprogrammierung in nahezu beliebiger Weise manipulierbar." Und von solchen Möglichkeiten werde in der betrieblichen Praxis durchaus Gebrauch gemacht, wie das Gericht in einem internen Bericht an das Bundesfinanzministerium jüngst beklagte.
Milliardenverluste durch Manipulationen
Steuerbetrug über manipulierte Kassen in der Gastronomie, im Einzelhandel, in Apotheken und anderen Branchen mit hohem Bargeldanteil wie Taxis, Tankstellen und Friseure, kostet den Staat Milliarden. Der BFH spricht von einem "Massenphänomen" und schätzt, dass der Fiskus jährlich Einnahmen von bis zu zehn Milliarden Euro verliert, weil Unternehmen Umsätze nicht oder falsch erfassen.
Die Steuergewerkschaft hält diese Zahl für noch zu tief gegriffen. Seit mehr als zehn Jahren fordern die Rechnungsprüfer nach eigener Aussage eingriffssichere Kassensysteme. "Wir konnten bisher nicht feststellen, dass sich die Besteuerung bargeldintensiver Unternehmen verbessert hat", heißt es in ihrem Bericht vom Mai.
Politik setzt auf Wettbewerb
Inzwischen gibt es Bewegung. Bis zum Herbst wollen Bund und Länder ein Gesamtkonzept vorlegen. Ende Juni verständigten sich die Länder-Finanzminister darauf, manipulationssichere Kassen einführen zu wollen und dabei auf den Wettbewerb verschiedener Anbieter und Lösungen zu setzen. Der Vorsitzende der Finanzministerkonferenz, Hessens Ressortchef Thomas Schäfer (CDU), ist entschlossen: "Wir sagen diesen Steuerhinterziehern klar den Kampf an."
Details aber sind weiter offen - etwa Übergangsfristen oder der Zeitplan. Statt auf eine EU-weite Regelung zu warten, würden die Länder notfalls auch in einem nationalen Alleingang vorpreschen. Der Chef der Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, gibt sich wenig optimistisch: "Ich sehe derzeit nicht, dass es schnell weitergeht."
Nötig sei eine Pflicht für Registrierkassen und die verbindliche Einführung fälschungssicherer Chips. Das System dafür gebe es schon und koste relativ wenig. Und auch mit Blick auf das BFH-Urteil zu "Fesseln" bei der Schätzmethode moniert Eigenthaler: "Wenn man die Methoden der Betriebsprüfer beschneidet, gleichzeitig aber nichts gegen Manipulationen unternimmt, darf man sich nicht wundern, wenn Jahr für Jahr Milliarden-Verluste für den Staat anfallen."
dpa/mbr/LTO-Redaktion
Steuerbetrug über manipulierte Kassen: . In: Legal Tribune Online, 28.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16402 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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