Zehn Jahre waren sie ein Paar, aber nur ein halbes Jahr verheiratet, denn dann starb der Ehemann an Krebs. Das SG Stuttgart nahm eine Versorgungsehe an und entschied, dass die Witwe keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente habe.
Leidet ein Versicherter zum Zeitpunkt der Eheschließung an einer potentiell lebensbedrohlichen Erkrankung und wurde der konkrete Heiratswunsch erst nach Bekanntwerden dieser Erkrankung gefasst, spricht dies für die Richtigkeit der gesetzlichen Vermutung des § 46 Abs. 2a Sozialgesetzbuch (SGB) VI. So liege ein gegen eine bloße "Versorgungsehe" sprechender Umstand nicht schon in einer langjährigen und von Liebe geprägten Beziehung vor, wie das Sozialgericht (SG) Stuttgart am Mittwoch mitteilte (Urt. v. 20.10.2016, Az. S 17 R 2259/14).
Die klagende Frau und der verstorbene Mann lernten sich im Jahr 2002 kennen. Im Jahr 2010 erkrankte er an Krebs, wobei im Mai 2011 bereits fortschreitende Knochenmetastasen festgestellt wurden. Im September 2011 heirateten die beiden, der Mann verstarb im Februar 2012. Die Gewährung einer Witwenrente wurde der Frau unter Verweis auf § 46 Abs. 2a SGB VI verwehrt. Nach dieser Vorschrift haben Hinterbliebene keinen Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat.
Ausnahmen davon begründen nur besondere Umständen, die die Annahme entkräften, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu erlangen.
SG: Langjähriges Zusammenleben spricht für Versorgungsehe
Das Gericht hat die Klage der Witwe, mit der diese sich gegen die Nichtgewährung der Witwenrente wehrte, abgewiesen. Zur Überzeugung der Kammer sei nicht nachgewiesen, dass die Ehe aus anderen als aus Versorgungsgründen geschlossen worden sei. Der Ehemann habe zum Zeitpunkt der Eheschließung aufgrund der Metastasierung unzweifelhaft an einer lebensbedrohlichen Erkrankung gelitten. Allein die nachvollziehbare Hoffnung des Paares auf eine eventuelle Heilung oder einen möglichst mehrjährigen Krankheitsverlauf sei nicht ausreichend, um die gesetzliche Vermutung der Versorgungsabsicht zu widerlegen.
Der Umstand, dass die beiden schon seit einigen Jahren in häuslicher Gemeinschaft lebten, spreche dafür, dass alleiniger oder überwiegender Zweck der Ehe gewesen sei, der Klägerin eine Versorgung zu verschaffen, entschied das Gericht. Denn einem "langjährigen Zusammenleben ohne Trauschein" liege die langjährige bewusste Entscheidung zu Grunde, eben nicht zu heiraten und damit nicht den vielfältigen gesetzlichen Regelungen, die für Eheleute gelten, zu unterliegen.
acr/LTO-Redaktion
SG Stuttgart verneint Anspruch auf Hinterbliebenenrente: . In: Legal Tribune Online, 17.08.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23997 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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