Nach Schönbohm-Abberufung: Faeser stellt sich dem Innen­aus­schuss mit Ver­spä­tung

20.09.2023

Im Innenausschuss des Bundestages stand Bundesinnenministerin Faeser am Mittwoch Rede und Antwort zur Causa Schönbohm. Aus Sicht der Opposition sind damit aber noch nicht alle Vorwürfe ausgeräumt.

Innenministerin Nancy Faeser hat im Bundestag versucht, ihr Verhalten in der Affäre um die Abberufung des früheren Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu rechtfertigen. Abgeordnete der Opposition zeigten sich mit ihren Erklärungen zur Personalie Arne Schönbohm jedoch nicht zufrieden. Die Sozialdemokratin Faeser sagte am Mittwoch nach einer Sitzung des Innenausschusses des Bundestages, ihr Hauptziel sei es damals gewesen, "Schaden vom BSI abzuwenden".

Ihr war wiederholt vorgeworfen worden, den damaligen BSI-Chef Schönbohm im Herbst 2022 nach einem kritischen Fernsehbeitrag ohne triftigen Grund von seinen Aufgaben entbunden zu haben.

Fragen werfe nach wie vor der Vermerk eines hochrangigen Mitarbeiters ihres Ministeriums auf, sagte der CDU-Abgeordnete Christoph de Vries. Aus dem internen Vermerk geht hervor, dass die Ministerin mit dem, was die zuständige Abteilung ihres Hauses bei den disziplinarrechtlichen Vorermittlungen über Schönbohm damals zusammengetragen hatte, wohl unzufrieden war, und angeregt hatte, noch einmal gründlicher zu suchen.

Laut Faeser und Haldenwang nur eine Anfrage beim Verfassungsschutz

Faeser sagte nun, im Zuge der von Schönbohm selbst angeregten disziplinarrechtlichen Vorermittlungen sei im Oktober 2022 beim Bundesamt für Verfassungsschutz eine Anfrage gestellt worden, ob dort Erkenntnisse gegen Schönbohm vorlägen. Sie betonte: "Dies war die einzige Anfrage beim Bundesamt für Verfassungsschutz, und es gab auch keine Anweisung von mir, eine zweite durchzuführen."

Bestätigt wurde dies vom Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang. Er sagte: "Es gab keine weiteren Anfragen nach Oktober 22". Auf die Frage, ob Erkenntnisse über Schönbohm womöglich als "Beifang" bei der Überwachung anderer Personen aufgetaucht seien, antwortete er: "Es gibt bei uns nur 'gespeichert' oder 'nicht gespeichert'." Schönbohm sei "nicht gespeichert" gewesen.

In einem Schreiben des Bundesinnenministeriums (BMI) an den damaligen BSI-Präsidenten war explizit Bezug auf Vorwürfe genommen worden, die nach der Ausstrahlung der von Jan Böhmermann moderierten ZDF-Sendung "Magazin Royale" im Oktober 2022 verbreitet wurden.

BMI: Böhmermann-Sendung nicht maßgebend für Entlassung

Dann heißt es in dem Schreiben aber weiter: "Hinzu kommt eine Vielzahl von Vorkommnissen in Zusammenhang mit der fachlichen sowie der personellen Führung des Amtes, die auch das Vertrauen von Frau Ministerin in Ihre Amtsführung irreparabel gestört haben." Das Ministerium verweist auch "auf Vorwürfe hinsichtlich zu enger Kontakte zu russischen Kreisen und Firmen", die in der Fernsehsendung und im Nachgang in diversen Medienberichten laut wurden. "Unabhängig davon wie stichhaltig diese sind und ob diese sich im Ergebnis als zutreffend erweisen werden, ist in der öffentlichen Meinung ein Vertrauensverlust eingetreten, der eine weitere Amtsführung unmöglich macht und die Aufgabenerfüllung des BSI in den Augen der Öffentlichkeit erheblich beeinträchtigt", heißt es weiter. 

FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle antwortete auf die Frage, ob er aus der Sendung damals etwas Neues zu möglichen fragwürdigen Kontakten Schönbohms erfahren habe, mit "Nein". Faeser sagte, es habe zwischen Schönbohm und dem Bundesinnenministerium bereits vor der Sendung gravierende fachliche Differenzen gegeben. Angesichts der durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine gestiegenen Bedrohung im Cyberraum sei es ihr wichtig gewesen, eine über jeden Zweifel erhabene Führungspersönlichkeit an der Spitze des Bundesamtes zu installieren. Die Behörde leitet seit Juli die Mathematikerin Claudia Plattner.

Schönbohm geht juristisch gegen Abberufung vor

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), kritisierte die Absetzung Schönbohms als "voreilig". Vor Beginn der Sitzung des Ausschusses hatten sich auch Abgeordnete der Koalitionspartner Grüne und FDP darüber echauffiert, dass die SPD-Politikerin dem Ausschuss erst jetzt Auskunft zu den von der Union erhobenen Vorwürfen gibt. Faeser sei leider "zu spät" gekommen, sagte der FDP-Politiker Kuhle. Dafür hat sich die Innenministerin nach eigener Aussage nun entschuldigt.

Unabhängig von der Anhörung im Innenausschuss am Mittwoch hat der Fall auch juristische Konsequenzen. Wie die Bild-Zeitung Ende August berichtete, hat Schönbohm gegen seine Abberufung Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland sowie gegen Faeser persönlich eingereicht. Das ZDF hat der gechasste BSI-Chef wegen des Böhmermann-Berichts abgemahnt und eine Entschädigung von 100.000 Euro gefordert, der Sender lehnt dies jedoch ab. Ob eine Klage folgt, ist derzeit unklar. Die Erfolgsaussichten wären aber gering.

dpa/mk/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Nach Schönbohm-Abberufung: . In: Legal Tribune Online, 20.09.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52750 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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