Schlussanträge zur rituellen Schlachtung: Halal-Fleisch kann bio sein

20.09.2018

Generalanwalt Wahl führt in seinen Schlussanträgen aus, dass Fleisch von geschächteten Tieren das Gütezeichen "biologischer Landbau" bekommen kann. Denn zur Art und Weise der Schlachtung sagt die einschlägige Kennzeichnungsverordnung nichts aus.

Bei der rituellen Schlachtung zur Produktion von islamisch erlaubtem Fleisch werden die Tiere ohne vorherige Betäubung getötet. Auch dieses sogenante Halal-Fleisch kann das europäische Gütezeichen "ökologischer/biologischer Landbau" erhalten, so der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshof (EuGH) Nils Wahl am *Donnerstag (Rs. C-497/17).

2012 beantragte das französische Hilfswerk für Schlachttiere OABA beim französischen Landwirtschaftsministerium, die Kennzeichnung "ökologischer/biologische Landbau" in der Werbung und auf der Verpackung von Halal-Fleisch verbieten zu lassen. Die Zertifizerungsstelle lehnte den Antrag ab und die Parteien fanden sich vor Gericht ein. Schließlich legte das Berufungsgericht dem EuGH die Frage vor, ob unionsrechtliche Vorgaben es verbieten, dass das Fleisch von rituell geschlachteten Tieren das biologische Gütesiegel erhalten kann.

Bio ist kein religiöser Ritus

Diese Frage verneinte Wahl. Zwar sei die Religionsfreiheit nicht beeiträchtigt, wenn eine gleichzeitige Zertifizierung als "halal" und "biologischer Landbau" nicht möglich wäre. Denn die Bezeichnung als sowohl Halal als auch biologisch betreffe als solche nicht die Ausübung eines "religiösen Ritus". Denn es gebe keine religiösen Vorschriften, die nur den Verzehr von Erzeugnisse aus "biologischem Landbau" erlaubten. Insoweit gebe es auch kein Recht auf Zugang zu Erzeugnissen mit dem Gütezeichen "biologischer Landbau". 

Sein Ergebnis begründet der Generalanwalt daher mit dem schlichten Argument, dass die unionsrechtliche Verordnung über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen (EG 837/2007) die Schlachtung ohne Betäubung nicht verbiete. Sie verlange nur, dass jedes Leiden bei der Schlachtung so gering wie möglich zu halten sei.

Zwar gelte nach einer anderen Verordnung der Grundsatz, dass die Tiere im Zeitpunkt der Tötung betäubt sein müssen. Jedoch sei auch dort eine ausdrückliche Ausnahme für die rituelle Schlachtung ohne Betäubung vorgesehen. Voraussetzung sei nur, dass Maßnahmen ergriffen worden sind, die eine Begrenzung des Leidens der Tiere sicherstellen.

Mangels entsprechender Regelung könne also die Kennzeichnungsverordnung die rituelle Schlachtung nicht ausschließen, so der Generalanwalt. Das Schweigen der Verordnung könne auch nicht als zufällig angesehen werden. Denn diese Frage sei seit langem in den Vorschriften zur Schlachtung von Tieren bekannt.

Bei Einhaltung der Vorschriften über die rituelle Schlachtung stünde einer Kennzeichnung des Halal-Fleisches aus "biologischem Landbau" daher nichts im Wege.

tik/LTO-Redaktion

 

*Anm. d. Red.: Zuvor hatte hier aus Versehen "Dienstag" gestanden, geändert am 20.09.2018, 14.38 Uhr.

Zitiervorschlag

Schlussanträge zur rituellen Schlachtung: . In: Legal Tribune Online, 20.09.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/31033 (abgerufen am: 24.11.2024 )

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