Atomarer Abrüstungsvertrag: Putin will New-Start-Abkommen aus­setzen

22.02.2023

Der russische Präsident will den Abrüstungsvertrag New Start zwischen Russland und den USA aussetzen. Der Vertrag begrenzt Atomwaffenarsenale, aufgrund der aktuellen Situation will sich der Kreml aber nicht mehr daran halten. 

Der russische Präsident Vladimir Putin kündigte Dienstag die Aussetzung des atomaren Abrüstungsvertrages "New Start" (New Strategic Arms Reduction Treaty) mit den USA an. Der völkerrechtliche Vertrag begrenzt die Atomwaffenarsenale beider Länder auf je 800 Trägersysteme und 1550 einsatzbereite Sprengköpfe und gestattet Verifikationsbesuche zur gegenseitigen Kontrolle. Der Vertrag sieht weiter einen Informationsaustausch über die Arsenale vor.

Washington hatte Moskau beschuldigt, keine Experten zur Inspektion der atomaren Verteidigungsanlagen ins Land zu lassen. Wenn in Zeiten solcher Spannungen jemand im Westen ernsthaft erwarte, dass Russland diesen Zugang gewähre, sei das "Blödsinn", konterte Putin in einer Rede. Außerdem hätten russische Inspektoren angesichts westlicher Sanktionen ihrerseits keine Möglichkeit zur Atomwaffenkontrolle in den USA.

Einmischung der Nato als Grund für die Aussetzung 

Putin begründete die Aussetzung des Abkommens insbesondere damit, dass Frankreich und Großbritannien ihre Atomwaffenarsenale weiterentwickelten und dass dieser Ausbau sich gegen Russland richte. Außerdem mische sich die Nato in den Vertrag ein, was Grund sei, diesen zu überdenken. Die USA und die Nato-Staaten hätten es im Krieg in der Ukraine auf eine "strategische Niederlage" Russlands abgesehen mit dem Ziel, das Land zu zerstören.

Die Nato hatte Russland Anfang Februar einen Bruch des Vertrages vorgeworfen: Die Weigerung Russlands, Atomwaffenkontrollen der USA auf russischem Gebiet zu ermöglichen, untergrabe die Zukunft des Vertrags. Moskau wiederum wies diese Vorwürfe bereits damals zurück und schob die Schuld den USA zu, die ihrerseits keine russischen Kontrollen ermöglichten.

Völkerrechtler: "Aussetzung zwar möglich, Voraussetzungen liegen aber nicht vor"

Eine Aussetzung des Vertrages sei unter bestimmten Voraussetzungen schon möglich, sagt Völkerrechtler Prof. Dr. Jörg Gundel von der Universität Bayreuth: "Grundsätzlich ist denkbar, dass die Geschäftsgrundlage eines bilateralen Rüstungskontrollvertrags in Frage gestellt wird, wenn eine unvorhergesehene Bedrohung durch einen an das Abkommen nicht gebundenen Drittstaat hinzutritt."

Laut Gundel hat das New-Start-Abkommen in dessen Art. XIV diese Möglichkeit mit der Einräumung einer Kündigungsmöglichkeit binnen drei Monaten auch bedacht. Dafür müssten aber unvorhergesehene Ereignisse eintreten, die die Kerninteressen einer Vertragspartei berühren. "Diese Voraussetzungen dürften in diesem Fall aber kaum erfüllt sein, denn an der Eigenschaft Großbritanniens und Frankreichs als Atommächte hat sich nichts Substantielles verändert", schätzt der Rechtsprofessor die Situation ein. 

bit/dpa/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Atomarer Abrüstungsvertrag: . In: Legal Tribune Online, 22.02.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51128 (abgerufen am: 19.11.2024 )

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