Millionenvergleich im Missbrauchsskandal: Kein Pro­zess gegen Prinz Andrew

16.02.2022

Statt mit einer Gerichtsentscheidung endet der Missbrauchsskandal um Prinz Andrew still und leise mit einem Vergleich – schätzungsweise zehn Millionen Pfund soll er Virginia Giuffre zahlen. Seine Reputation kann er damit aber nicht retten.

Kurze Zeit sah es so aus, als würde der Missbrauchsskandal um den britischen Prinzen Andrew vor der Öffentlichkeit eines New Yorker Gerichtssaals landen. Richter Lewis Kaplan visierte schon einen Prozess wegen der Klage von Virginia Giuffre für Ende des Jahres an - nach einer Befragung Andrews unter Eid. Doch dazu kommt es nicht. "Virginia Giuffre und Prinz Andrew haben eine außergerichtliche Einigung erzielt" - so der Wortlaut eines aktuellen Gerichtsdokuments, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. In einem Brief an den New Yorker Richter Lewis Kaplan kündigten beide Konfliktparteien am Dienstag an, die Einstellung des Prozesses zu beantragen.

Giuffre hatte dem zweitältesten Sohn von Queen Elizabeth II. vorgeworfen, sie vor gut 20 Jahren als Minderjährige mehrfach sexuell missbraucht zu haben. Sie sei vom US-Geschäftsmann Jeffrey Epstein und dessen Ex-Partnerin Ghislaine Maxwell dazu gezwungen worden. Die mit Andrew viele Jahre befreundete Maxwell war erst vor kurzem von einem Gericht in einem US-Strafverfahren in mehreren Punkten schuldig gesprochen worden, unter anderem wegen Menschenhandels mit Minderjährigen zu Missbrauchszwecken, und muss mit einer langen Haftstrafe rechnen. Epstein nahm sich 2019 in Untersuchungshaft das Leben. Andrew weist die Vorwürfe strikt zurück.

Experten waren sich deshalb zuvor auch nicht einig gewesen, ob der Prinz sich auf einen außergerichtlich Deal einlassen würde, weil dies nach außen wie ein Schuldeingeständnis wirken könnte. Vor kurzem hieß es noch, Prinz Andrew stelle sich dem Prozess und solle am 10. März an einem "neutralen Ort" in London unter Eid vor Giuffres Anwälten aussagen. Auch Virginia Giuffre sollte unter Eid aussagen.

Andrew zahlt Millionenbetrag an Giuffres' Wohltätigkeitsorganisation

Mit der außergerichtlichen Einigung entgeht Andrew einem möglicherweise sehr unangenehmen Prozess mit der Veröffentlichung von Details des ihm vorgeworfenen sexuellen Missbrauchs - doch selbst ohne unangenehme Details und offizielles Schuldeingeständnis hat die Einigung für Viele einen bitteren Beigeschmack. "Dies ist im Wesentlichen ein Eingeständnis, dass etwas passiert ist", beurteilte der Rechtsexperte und ehemalige US-Bundesanwalt Neama Rahmani den Fall. Es wirke nun so, als sei der Royal über Jahre nicht aufrichtig gewesen, als er kategorisch geleugnet hatte, Virginia Giuffre überhaupt zu kennen.

Der Vergleich könnte den 61-Jährigen nach Meinung von Rahmani Millionen, vielleicht sogar eine achtstellige Summe, gekostet haben - Insider berichten zehn bis zwölf Millionen Pfund. Sie geht davon aus, dass der Vergleich eine Vertraulichkeitsklausel und die Aussage enthält, dass Andrew nicht haftbar sei.

Als Teil der Einigung verpflichtete Andrew sich nach Gerichtsdokumenten unter anderem dazu, Giuffres Wohltätigkeitsorganisation für Opfer von Gewalt zu unterstützen. "Prinz Andrew hatte nie die Absicht, Frau Giuffre zu verleumden, und er akzeptiert, dass sie sowohl als Opfer von Missbrauch als auch als Folge unfairer öffentlicher Angriffe gelitten hat", hieß es. Auch auf Andrews früheren Freund wird direkt Bezug genommen: "Prinz Andrew bedauert seine Verbindung mit Epstein und lobt den Mut von Frau Giuffre und anderen Überlebenden, sich für sich selbst und andere einzusetzen." 

dpa/mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Millionenvergleich im Missbrauchsskandal: . In: Legal Tribune Online, 16.02.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47556 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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