Auch das OVG Koblenz bestätigt die Praxis des BAMF, Asylbewerbern aus Syrien subsidiären Schutz zu gewähren. Das Gericht sieht nur ein geringes Risiko für politische Verfolgung.
Syrern, die unverfolgt ihr Land verlassen haben, drohe allein aufgrund illegaler Ausreise, Asylantragstellung und längerem Auslandsaufenthalt ohne individuelle besondere Umstände keine politische Verfolgung durch den syrischen Staat. Ihnen müsse daher subsidiärer Schutz, nicht aber der umfassende Flüchtlingsschutz gewährt werden. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz bereits am Freitag entschieden (Urt. v. 16.12.2016, Az. 1 A 10918/16.OVG, 1 A 10920/16.OVG und 1 A 10922/16.OVG).
Die Richter stellten sich damit hinter die Auffassung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die Entscheidung gilt als Richtschnur für ähnliche Asylfälle in Rheinland-Pfalz. Es ging um ein Musterverfahren dreier syrischer Antragsteller für rund 300 weitere beim OVG anhängige Fälle von Syrern.
OVG bestätigt BAMF-Praxis
Das BAMF hatte den drei Antragstellern nur den subsidiären Schutz gewährt. Den vollen Flüchtlingsstatus mit einem dreijährigen Abschiebeschutz und dem Recht auf Familiennachzug lehnte es ab mit der Begründung, es sei keine besondere Verfolgung etwa wegen der Religion, Nationalität oder politischen Überzeugung zu erkennen.
Die Syrer klagten dagegen zwar erfolgreich beim Verwaltungsgericht (VG) Trier. Dieses urteilte, den Syrern drohe bei einer Rückkehr in die Heimat schon aufgrund der illegalen Ausreise, ihres Antrags auf Asyl und des längeren Aufenthalts im Ausland eine Verfolgung. So hatt das VG in vielen Fällen entschieden.
Doch das OVG gab der Berufung des BAMF statt, wies die Klagen der drei Syrer ab und ließ keine Revision zu. Laut dem Vorsitzenden Richter Michael Zimmer spricht vor allem die massenhafte Ausreise aus Syrien dagegen, dass die vom VG Trier angeführten Gründe bei einer Rückkehr der Syrer in die Heimat schon zu ihrer Verfolgung aus politischen Gründen führen würden.
Verfolgung ist Frage des Einzelfalls
Der BAMF-Prozessvertreter Ulf Stiehl hatte dies in der mündlichen Verhandlung am Freitag mit einem Verweis auf den regulären Reiseverkehr von und nach Syrien untermauert: Das Regime habe 800.000 Reisepässe ausgestellt. Natürlich gebe es auch viele Flüchtlinge: 4,2 Millionen Syrer lebten im Ausland, 450.000 davon hätten in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Doch sie würden kaum vom syrischen Regime allesamt als politische Gegner betrachtet.
Der Anwalt Alexander Dauch, der einen der Musterkläger vertrat, argumentierte dagegen, das illegale Verlassen des Landes und ein westlicher Auslandsaufenthalt genügten Berichten zufolge sehr wohl, "um bei Rückkehr als Regimegegner verdächtigt und schweren Verfolgungsmaßnahmen wie Inhaftierung, Folter beziehungsweise dem sogenannten Verschwindensein unterworfen zu werden".
Der Vorsitzende Richter Zimmer betonte, jeder Fall müsse individuell geprüft werden. Kürzlich hatte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) zwar ebenfalls in drei von vier Musterfällen die Klagen von Syrern gegen Entscheidungen des BAMF abgewiesen. Der Klage des vierten Syrers gab der VGH jedoch statt: Er hatte aus Angst vor einer Einberufung zum Militär seine Heimat verlassen.
Das OVG in Koblenz urteilte indessen bei einem seiner drei Musterkläger, dessen Entziehung vom Wehrdienst gebe keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung.
Auch das OVG Schleswig hatte vergangene Woche entschieden, Syrer können nicht pauschal den Status eines Flüchtlings bekommen, nur weil sie im Ausland waren und Asyl beantragt haben. Das Bundesverfassungsgericht hatte allerdings vergangene Woche die in Nordrhein-Westfalen gängige Praxis, schon die Berufung nicht zuzulassen, beendet.
dpa/nas/LTO-Redaktion
OVG Koblenz zu Flüchtlingsstatus: . In: Legal Tribune Online, 19.12.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21512 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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