Ein ehemaliger politischer Gefangener der DDR, der nach seiner Haft als inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit freiwillig unter anderem Berichte über Ausreisewillige abgegeben hat, kann keine Entschädigungsleistungen beanspruchen. Dies entschied das OVG Rheinland-Pfalz in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss.
In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein ehemaliger Bürger der DDR geklagt. Er war im Mai 1988 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt worden wegen versuchter landesverräterischer Nachrichtenübermittlung, ungesetzlicher Verbindungsaufnahme und Beeinträchtigung der staatlichen Tätigkeit in einem schweren Fall. Er wurde jedoch vorzeitig aus der Haft entlassen und erhielt nach seiner Einreise in das Bundesgebiet als ehemaliger politischer Häftling Entschädigungszahlungen von ca. 7.500 Euro.
Im Rahmen einer zusätzlich beantragten Opferpension teilte die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen mit, dass der Mann während und nach seiner Haft als inoffizieller Mitarbeiter (IM) der Stasi tätig war. Daraufhin entzog ihm die Aufsichts- und Dienstleitungsdirektion die Anerkennung als politischer Häftling und forderte die Entschädigungsleistungen zurück. Die hiergegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) bestätigte diese Entscheidung (Beschl.v.11.03.2011, Az. 7 A 11442/10.OVG).
Der Anerkennung des Klägers als ehemaliger politischer Häftling und der Gewährung von Entschädigungsleistungen stehe seine inoffizielle Mitarbeit bei der Stasi entgegen. Zwar könne zu seinen Gunsten bei der Abgabe der beiden Verpflichtungserklärungen während und nach der Haft eine Zwangslage unterstellt werden, welche die Anerkennung als politischer Häftling und die Zahlung von Entschädigungsleistungen nicht ausschließen könne.
Jedoch habe er nach der Entlassung aus der Haft ohne besondere Repressalien fürchten zu müssen beispielsweise über eine Familie berichtet, die plante, von einem besuchsweisen Aufenthalt in der BRD nicht mehr in die DDR zurückzukehren. Da derartige Berichte geeignet gewesen seien, für die Betroffenen eine erhebliche Gefahr zu schaffen, habe er bei seiner insoweit freiwilligen Tätigkeit als IM Grundsätze der Menschlichkeit und Rechtsstaatlichkeit verletzt. Deshalb habe er weder als politischer Häftling anerkannt noch Entschädigungsleistungen für seine Haft beanspruchen können.
plö/LTO-Redaktion
Mehr auf LTO.de
Kündigung wegen Strafhaft: Der einmal aus dem Blechnapf frisst
Der Fall Kachelmann: Lügen-Haft?
OVG Rheinland-Pfalz: . In: Legal Tribune Online, 26.03.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2879 (abgerufen am: 24.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag