Den polizeikritischen Tweet einer Dozentin hatte das Land Nordrhein-Westfalen zum Anlass genommen, ihren Lehrauftrag zu widerrufen. Dies war rechtswidrig, wie nach dem VG Gelsenkirchen nun auch das OVG NRW feststellte.
Der Widerruf des Lehrauftrages der Dozentin Bahar Aslan an der Polizei-Hochschule NRW (HSPV) durch das Land war rechtswidrig. Das hat das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht (OVG) in einem Eilverfahren entschieden und am Montag mitgeteilt. Der Beschluss vom 15. Dezember ist nicht anfechtbar (Az: 6 B 1034/23).
Mit der Entscheidung weist das OVG eine Beschwerde des Landes gegen einen Beschluss aus der Vorinstanz zurück. Bereits das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen sah die Dozentin im Recht. Nach Auffassung des OVG habe das Land bei Bahar Aslan nach einem Twitter-Post zwar auf Mängel bei ihrer Eignung für die Wahrnehmung des Lehrauftrags schließen können. Bei dem Widerruf des Lehrauftrags gemäß § 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG NRW) habe das Land sich aber rechtswidrig auf "fehlerhafte Weise auf weitere - sachfremde - Umstände gestützt", heißt es in der OVG-Mitteilung.
Eine von der HSPV ins Feld geführte Nebentätigkeitsgenehmigung sei nicht erforderlich für den Lehrauftrag. Deshalb könne der Entzug damit nicht begründet werden, so das OVG. Auch seien Drohungen gegenüber der Hochschule kein Grund für das Aus. Bereits das VG Gelsenkirchen hatte so argumentiert.
Aslan war mit einem Eintrag auf der Plattform Twitter, die inzwischen X heißt, in die Kritik geraten: "Ich bekomme mittlerweile Herzrasen, wenn ich oder meine Freund*innen in eine Polizeikontrolle geraten, weil der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden uns Angst macht. Das ist nicht nur meine Realität, sondern die von vielen Menschen in diesem Land."
GFF: "Erfolg für die Meinungsfreiheit"
Aus Sicht der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die Aslan gemeinsam mit Rechtsanwalt Dr. Patrick Heinemann begleitet hat, ist der Ausgang des Verfahrens ein Erfolg. Gegenüber LTO äußert Laura Kuttler, Juristin und Projektkoordinatorin der GFF: "Der Beschluss ist ein Erfolg für Bahar Aslan. Jetzt ist klar, dass der Widerruf des Lehrauftrags rechtswidrig war. Das Gericht erteilt den zahlreichen vorgeschobenen Argumenten der Hochschule eine klare Absage."
Beide Gerichte hätten sich nach Auffassung der GFF aber grundrechtlichen Erwägungen nicht verwehren dürfen. "Enttäuschend ist, dass auch das OVG sich nicht mit den Grundrechten von Bahar Aslan auseinandersetzt, obwohl das gerade wegen der Auseinandersetzung des OVGs mit dem Post von Bahar Aslan geboten wäre", so Kuttler.
Die HSPV hatte zuletzt einen Ersatz für die Lehrtätigkeiten von Aslan organisiert. Ob sie in ihrem Fach "Interkulturelle Kompetenz" erneut an der HSPV unterrichten wird, ist derzeit ebenso offen wie ein möglicher neuer Widerrufsbescheid des Landes. Ein solcher müsste jedenfalls anders begründet werden.
jb/mk/LTO-Redaktion mit Materialien der dpa
Widerruf des Lehrauftrags rechtswidrig: . In: Legal Tribune Online, 18.12.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53440 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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