Im Fall Böhmermann bekommt ein Journalist nähere Auskünfte zur Entscheidungsfindung der Bundeskanzlerin. Weder zukünftige Entscheidungsprozesse noch außenpolitische Interesse seien dadurch gefährdet, so das OVG.
Das Bundeskanzleramt muss einem Journalisten Auskunft über weitere Details im Zusammenhang mit der sog. Böhmermann-Affäre geben. Die konnte nicht substantiiert darlegen, welche schutzwürdigen Interessen dem allgemeinen presserechtlichen Auskunftsanspruch entgegenstünden. Das entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg am Donnerstag (Beschl. v. 03.08.2017, Az. OVG 6 S 9.17).
Mit einer Auskunftsanfrage hatte sich ein Journalist an das Bundeskanzleramt gewendet. Er wollte wissen, ob Angela Merkel die Einschätzung des Auswärtigen Amtes zu den juristischen Implikationen des "Schmähgedichts" von Jan Böhmermann bekannt war, bevor sie dieses in ihrer öffentlichen Äußerung als "bewusst verletzend" bezeichnet hatte. Das Bundeskanzleramt weigerte sich, konnte damit aber schon das Verwaltungsgericht (VG) Berlin nicht überzeugen.
"Allgemein gehaltene Ausführungen" können OVG nicht überzeugen
Auch die Richter am OVG entschieden nun, dass das Bundeskanzleramt im konkreten Einzelfall nicht hätte begründen können, warum der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung oder außerpolitische Interessen gefährdet sein sollten, wenn Auskunft über die Entscheidungsfindung in der Affäre um die "Schmähkritik" gegeben würde.
Das Bundeskanzleramt hatte seine Weigerung damit begründet, dass anderenfalls der Entscheidungsprozess der Bundeskanzlerin detailgenau nachvollziehbar werde. Dadurch könnten letztlich Dritte die Regierungstätigkeit beeinflussen, weil die Bundeskanzlerin nicht mehr frei in ihrer Entscheidung wäre, wie sie mit den jeweiligen Informationen umginge.
Diese "allgemein gehaltenen Ausführungen" reichten dem OVG nicht, zumal die angeforderten Informationen auch den der gubernativen Entscheidung vorgelagerten Beratungs- und Entscheidungsablauf betreffen würden.
Zwar könne ein Anspruch auf Auskunftserteilung auch dann verweigert werden, wenn das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen auf internationale Beziehungen hätte, bestätigte das OVG. Ein bloßer pauschaler Hinweis darauf, welche vergangenen Ereignisse und Vorfälle bereits genügten, um außenpolitische Spannungen zwischen den Beiden Staaten herbeizuführen, sei dafür allerdings nicht ausreichend, so die Berliner Richter.
mgö/LTO-Redaktion
OVG verurteilt Bundeskanzleramt zur Auskunft: . In: Legal Tribune Online, 03.08.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23793 (abgerufen am: 14.11.2024 )
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