Rechtsextreme Chats, an denen sich Polizeibeamte beteiligen, können ein Entlassungsgrund sein, haben schon mehrere Fälle gezeigt. Entlassen werden kann aber ebenso, wer Social-Media-Beiträge der "Neuen Rechten" liked, so nun das OVG.
Die Entlassung eines Polizeibeamten auf Widerruf wegen Zweifeln an der Verfassungstreue, weil dieser zahlreiche Internetbeiträge der "Neuen Rechten" geliked hat, ist rechtmäßig. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg entschieden und damit der Beschwerde des Landes Berlin gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Berlin entsprochen (Beschl. v. 27.07.2023, Az. OVG 4 S 11/23).
Der 21-jährige Kriminalkommissaranwärter im Beamtenverhältnis auf Widerruf hatte mehrere Social-Media-Beiträge mit einem "Like" versehen, in denen unter anderem Moslems geschmäht und verunglipft sowie Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie mit der Judenverfolgung im Nationalsozialismus gleichgesetzt wurden. Anders als bei jüngst mehrfach ergangenen, sich ähnelnden Entscheidungen zu rechtsradikalen Chats von Polizeianwärtern (z.B. VG Berlin und VG Düsseldorf) ging es hier nicht um das Teilen, sondern um das Billigen solcher Inhalte in Form von unkritischer Betrachtung und der Vergabe von "Likes" auf Social-Media-Plattformen.
Auch wegen solchen Verhaltens darf der Dienstherr nach Auffassung des 4. Senats beim OVG Zweifel an der Verfassungstreue seiner Polizeianwärter hegen. Das Verhalten des Mannes in diesem Fall habe auch das für eine Entlassung notwendige Gewicht, da es nicht nur vereinzelt vorgekommen sei. Zudem seien die Zweifel an der Verfassungstreue im Rahmen des Verfahrens auch nicht dadurch ausgeräumt worden, dass der Mann ein "satirisches Interesse" vorgab. Denn hierzu stellte der Senat fest, dass die vermeintliche Satire einerseits nicht politisch neutral gewesen und andererseits der satirische Gehalt der in Rede stehenden, mit einem "Like" versehenen Beiträge als gering zu betrachten sei.
Der Dienstherr habe insoweit - und zwar anders als das VG Berlin meint - die Meinungsfreiheit des Mannes aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz (GG), die in den Schranken des Abs. 2 auch verfassungsfeindliche Meinungen umfasst, in zulässiger Weise mit der aus Art. 33 Abs. 5 GG abgeleiteten Pflicht zur Verfassungstreue von Beamten abgewogen und gewichtet, so das OVG. Zudem sei die gute Arbeit des Kriminalkommissaranwärters, die dieser bisher geleistet habe und die das LG Berlin gegen eine Entlassung aus dem Dienst haben entscheiden lassen, für die Frage nach der Verfassungstreue ohne Belang.
jb/LTO-Redaktion
OVG Berlin-Brandenburg gibt dem Dienstherrn Recht: . In: Legal Tribune Online, 08.08.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52444 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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