Eine Entscheidung des OVG Berlin Brandenburg stärkt die Rechte von Rundfunkveranstaltern und Telemedienanbietern. Die jugenschutzrechtliche Beanstandung der Sendung "Steven liebt Kino“ durch die mabb war unzulässig.
Die zuständige Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) hatte die Sendung "Steven liebt Kino" beanstandet, weil Verstöße gegen die Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV) vorgelägen hätten. Nun entschied das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG), dass der Bescheid bereits aufgrund einer fehlenden eigenen Begründung der KJM rechtswidrig gewesen ist.
Die von 2011 bis 2015 am Vormittag ausgestrahlte Sendung "Steven liebt Kino" stellte aktuelle Kinofilme vor. An einem Tag, an dem vorrangig der neue "Lego Movie" vorgestellt wurde, folgte eine Kurzvorstellung weiterer neuer Kinofilme bei der unter anderem Ausschnitte der Filme "Devil's Due - Teufelsbrut" und "Sabotage" gezeigt wurden.
Im Anschluss an die Sendung waren Zuschauerbeschwerden eingegangen, die kritisierten, dass die Ausschnitte von Filmen gezeigt wurden, deren Inhalt sich ausschließlich an Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren richtete. Dies nahm die mabb als Anlass, die Sendung zu beanstanden und eine Empfehlung für die KJM auszusprechen. Die KJM ist als zentrale Aufsichtsstelle für den Jugendschutz im privaten Rundfunk und den Telemedien zuständig. Ihre Aufgabe ist es, für die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen zu sorgen, die im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) verankert sind. Die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) kam hingegen zu einer anderen Bewertung und gab die Sendung nach Ausstrahlung, aber vor der KJM-Entscheidung für die Altersstufe ab 12 Jahren und das Tagesprogramm frei.
Bilder an der Horrorgrenze
In Fall von "Steven liebt Kino" nahm die mabb an, dass die dargebotenen Horror- und Gewaltsequenzen der Filmausschnitte geeignet seien, die Entwicklung von Kindern unter 12 Jahren zu beeinträchtigen und empfahl der KJM eine Beanstandung nach § 20 JMStV auszusprechen, eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 300,00 Euro zu erheben und die Sendezeit auf 20:00 Uhr bis 06:00 Uhr festzulegen.
In der Begründung der mabb hieß es, dass sich das Magazin, welches sich an Kinder richte, Bilder zeige die der Horrorgrenze zuzurechnen seien. Wegen der Sendezeit im Vormittagsprogramm könne es sein, dass Kinder auch ohne erwachsene Begleitung das Format wahrnehmen. Die Präsentation des Films "Sabotage" zeige etliche Gewalt- und Actionszenen auf und auch die Inhalte von "Devil's Due - Teufelsbrut" seien für Kinder nicht geeignet.
Die KJM machte sich daraufhin die Beschlussvorlage der mabb zu eigen, setzte die geforderten Maßnahmen um und übersandte ProSieben einen entsprechenden Bescheid.
ProSieben geht gegen Sendezeitbegrenzung vor
Vertreten durch DLA Piper UK LLP erhob ProSieben zunächst vor dem Verwaltungsgericht (VG) Berlin Anfechtungsklage gegen die Beanstandung der Sendung, die Verwaltungsgebühr und die künfige Festlegung der Sendezeit zwischen 20:00 und 06:00 Uhr (Az. VG 27 K 7.15).
Das VG Berlin stellte fest, dass unabhängig von der Überprüfung der Verstöße gegen die Jugendschutzbestimmungen, bereits eine Verletzung der Begründungspflicht des § 17 Abs. 1 Satz und 3 und 4 JMStV vorlag und gab der Klage statt. Das VG Berlin betonte, dass es sich bei der Begründungspflicht der mabb nicht lediglich um eine "wünschenswerte Vorgehensweise" und "unnötige Förmelei" handele, sondern diese vor allem auch der grundrechtlichen Position der betroffenen Rundfunkveranstaltern und Telemedienanbietern dient.
Leicht modifizierte Begründung nicht ausreichend
Nach § 17 JMStV muss die KJM ihr Beschlüsse begründen und die tatsächlichen und rechtlichen Gründe für Ihre Entscheidung mitteilen. An dieser Begründung fehlte es jedoch, da die KJM ihre Entscheidung ausschließlich unter Bezugnahme auf die Ausführungen der mabb stützte. Es werde nicht deutlich, welche Teile der Sendung letztlich den Ausschlag gegeben hätten, so das VG Berlin.
Da es an einer den Anforderungen genügenden Begründung fehlte, schlug dies auf die Rechtmäßigkeit des Bescheides durch, so das VG Berlin. Dieser absolute Verfahrensfehler könne daher nur zur Rechtswidrigkeit der Aufsichtsmaßnahme führen. Auch sei der Begründungsmangel nicht nach § 46 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) unbeachtlich, da dieser auf absolute Verfahrensfehler keine Anwendung fände.
OVG bestätigt Entscheidung
Nun bestätigte das OVG Berlin-Brandenburg die Entscheidung (Az. OVG 11 N 64.18) und lehnte den Antrag der mabb auf Berufung ab. Auch das OVG sah in der zu eigen gemachten Begründung einen absoluten Verfahrensfehler, der zur Rechtswidrigkeit des Bescheids führe. Es fehle an einer eigenen Auseinandersetzung der KJM mit den jeweiligen Inhalten der Kinofilme. Zudem sei die Begründung an mehreren Stellen widersprüchlich.
Der Rechtsanwalt von ProSieben sieht darin eine grundsätzliche Entscheidung. "Die Berliner Gerichte haben zu Recht deutlich gemacht, dass es sich sowohl bei der Sichtungsanforderung als auch der Begründungspflicht nicht um unnötige Förmeleien oder Petitessen handelt, sondern diesen grundrechtsrelevante Funktion zukommt. Damit werden die Rechte von betroffenen Rundfunkveranstaltern und Telemedienanbietern erheblich gestärkt.", meint Dr. Michael Stulz-Herrnstadt, Partner bei DLA Piper im Bereich Öffentliches Wirtschaftsrecht/Medienrecht aus Hamburg.
ku/LTO-Redaktion
ProSieben gewinnt vor dem OVG Berlin-Brandenburg: . In: Legal Tribune Online, 06.09.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49548 (abgerufen am: 14.11.2024 )
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