OLG Naumburg lehnt Berufung im Abgasskandal ab: Ein zusam­men­ge­wür­felter Schrift­satz

25.10.2019

Eine Berufungsbegründung, die ganz offenbar aus Textbausteinen eines anderen Schriftsatzes zusammengeschustert ist, genügt nicht, so das OLG Naumburg. Ein bisschen genauer müsse der Anwalt schon auf das angefochtene Urteil eingehen.

Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg hat eine Berufung im Zusammenhang mit einem angeblich vom Abgasskandal betroffenen Audi abgelehnt. Grund dafür gab die Berufungsbegründung des Käufers, die offenbar lediglich aus vorgefertigten Textbausteinen zusammengesetzt war (Urt. v. 12.09.2019, Az. 1 U 168/18).

In der ersten Instanz war der Käufer eines Audi A6 Avant, in dem ein Dieselmotor vom Typ EA 896 Gen2 verbaut war, bereits unterlegen. Er hatte geltend gemacht, der CO2-Ausstoß und der Verbrauch des Wagens seien aufgrund diverser illegaler Abschalteinrichtungen höher als angegeben. Gegnerin der Klage war die Volkswagen AG, da der Kläger behauptete, der VW-Konzern sei Hersteller des Motors. Er sei im VW-Werk in Salzgitter gefertigt worden. Aufgrund dessen verlangte er die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Abzug einer Nutzungsentschädigung.

Das Landgericht (LG) Magdeburg hatte die Klage schließlich u. a. deshalb abgewiesen, weil man die VW AG schon nicht für den richtigen Klagegegner hielt. Der Käufer habe lediglich auf einen Wikipedia-Eintrag verwiesen, um zu belegen, dass VW diesen Motortyp fertige. Und selbst wenn VW Hersteller des Motors sei, müsse sich der Kläger dennoch an die Audi AG als Herstellerin des Fahrzeugs als solchem halten. Die Voraussetzungen einer deliktischen Haftung seien im Übrigen nicht hinreichend belegt.

Textbausteine aus Begründung einer anderen Berufung

Auch in der Berufung lief es dann nicht besser. Das OLG Naumburg schloss sich dem Einwand von VW an, dass die Berufungsbegründung des Klägers nicht den Voraussetzungen der Zivilprozessordnung (ZPO) genüge und verwarf das Rechtsmittel daher bereits als unzulässig.

Dazu verwies das Gericht auf § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, der vorschreibt, dass die Berufungsbegründung die Umstände enthalten muss, aus denen sich ergibt, dass das erstinstanzliche Urteil unrichtig sein soll. Dies sei hier nicht der Fall, da sich die eingereichte Begründung überhaupt nicht detailliert mit dem Urteil des Landgerichts auseinandersetze. Sie sei "erkennbar aus einem Schriftsatz entwickelt, der als Begründung der Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Braunschweig verwendet wurde", heißt es im Urteil, das LTO vorliegt.

Dabei hatte sich er Rechtsanwalt des Mannes offenbar wenig Mühe gemacht. Zwar werde das angegriffene Urteil im Berufungsantrag noch korrekt bezeichnet, doch bereits im Einleitungssatz der Begründung werde das falsche Urteil genannt und auch im folgenden sei stets vom LG Braunschweig die Rede.

Doch nicht nur die Bezeichnung des Urteils, sondern auch die inhaltliche Auseinandersetzung bleibe hinter den Anforderungen zurück, so das OLG. Tragende Erwägung des LG Magdeburg in der ersten Instanz sei es gewesen, dass die Volkswagen AG nicht die richtige Klagegegnerin sei. Darauf habe er allerdings nur mit der Wiedergabe dessen geantwortet, was bereits in seiner Klageschrift vor dem LG enthalten gewesen sei. Offenbar waren die entsprechenden Textpassagen hier schlicht wiederholt worden - u. a. erneut unter Bezugnahme auf einen Wikipedia-Artikel, den das LG als unzureichenden Beweis abgetan hatte.

Und ein falsches Zitat

Außerdem habe der Kläger in seiner Begründung Bezug auf ein Zitat des Landgerichts genommen, das sich aber so in dessen Urteil gar nicht finde. Im Weiteren erschöpfe sich die Berufungsbegründung wieder darin, die erstinstanzlich vorgebrachte Begründung schlicht zu wiederholen.

Insgesamt, so das OLG, sei das Vorbringen in beiden Rechtszügen davon geprägt gewesen, "im Wesentlichen unter Verwendung von Textbausteinen unter abstrakter Darstellung von in Betracht kommenden (...) Anspruchsgrundlagen für Schadensersatzansprüche des Käufers eines Dieselfahrzeugs gegenüber dem Hersteller den von ihm geltend gemachten Anspruch zu begründen".

In erster Instanz könne so etwas ja aufgrund der Vielzahl an ähnlich gelagerten Fällen im Abgasskandal noch gerade so hingenommen werden, führten die Richter aus. Jedenfalls in der Berufung aber sei eine Auseinandersetzung mit den genauen Urteilsgründen der ersten Instanz erforderlich, weshalb eine Begründung aus solchen Textbausteinen unzulässig sei. Dies gelte übrigens auch, obwohl das Urteil des LG seinerseits in Teilen aus Textbausteinen bestehe und Ausführungen enthalte, die ebenfalls nicht immer auf den Streitgegenstand zugeschnitten seien.

mam/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG Naumburg lehnt Berufung im Abgasskandal ab: . In: Legal Tribune Online, 25.10.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38389 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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