Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger hat auch dann einen Anspruch auf Honorar, wenn das Gericht das Gutachten nicht für überzeugend erachtet und deshalb nicht zur Grundlage seiner Entscheidung macht. Das geht aus einem am Freitag veröffentlichten Beschluss des OLG Koblenz hervor.
Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn das Gutachten wegen objektiv feststellbarer Mängel unverwertbar ist und der Sachverständige darüber hinaus die Unverwertbarkeit verschuldet hat.
Die Koblenzer Richter gaben mit ihrem Beschluss vom 26. Januar 2011 (Az. 2 Ws 19/11) der Beschwerde einer gerichtlich bestellten Sachverständigen statt.
Eine Strafkammer des Landgerichts (LG) Trier hatte sich geweigert, ihr das geforderte Honorar zu zahlen. Schon während des Ermittlungsverfahrens hatte die Staatsanwaltschaft Trier die Diplom-Psychologin mit der Erstellung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens beauftragt. Das schriftliche Gutachten wurde zu den Akten gegeben und die Sachverständige zu den Hauptverhandlungsterminen geladen, erstattete dort ihr Gutachten und wurde im allseitigen Einvernehmen entlassen. Jedoch verwertete die Strafkammer in ihrem Urteil das Gutachten nicht, da sie insoweit die Einschätzung der Verteidigung teilte, dass die Sachverständige im Rahmen der Exploration "in teilweise nicht mehr hinnehmbarer Weise mit Suggestivfragen gearbeitet" habe.
Das OLG (Oberlandesgericht) Koblenz sah darin jedoch keinen ausreichenden Grund, das Honorar zu verweigern. Sachliche Richtigkeit und Überzeugungskraft eines Sachverständigengutachtens seien kein Maßstab für die Höhe der dem Sachverständigen zu gewährenden Entschädigung. Es komme lediglich darauf an, dass die Leistung überhaupt erbracht wurde, nicht etwa auch darauf, wie Gericht oder Verfahrensbeteiligte das Gutachten inhaltlich beurteilen.
Der Honoraranspruch stehe dem Sachverständigen daher auch dann zu, wenn das Gericht das Gutachten nicht für überzeugend erachte und deshalb nicht zur Grundlage seiner Entscheidung mache. Denn es stehe nicht fest, dass das Gutachten an gravierenden Mängeln leide oder dass die Gutachterin bei dessen Anfertigung grob fahrlässig Fehler gemacht habe. Nur in diesen Fällen verfalle der Anspruch auf das Honorar.
plö/LTO-Redaktion
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OLG Koblenz: . In: Legal Tribune Online, 04.02.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2481 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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