VW droht wegen der Fahrzeugmanipulationen laut eigenen Angaben eine exorbitante Kumulation von Schadenersatzansprüchen. Das allein ist aber laut OLG Koblenz kein Grund, den Autohersteller juristisch mit Samthandschuhen anzufassen.
Die Haftung des Schädigers ist nicht ausgeschlossen, wenn Anzahl der Geschädigten und Größe des Schadens außergewöhnlich hoch sind. So entschied das Oberlandesgericht Koblenz (OLG) in einem kürzlich veröffentlichten Urteil (Urt. v. 20.11.2019, Az. 10 U 731/19).
Eine Frau hatte 2012 einen neuen VW Caddy erworben. Die Freude am Neuwagen hielt jedoch nicht an, als sich herausstellte, dass das Fahrzeug mit einem Motor des Typs EA 189 ausgestattet war. Die Käuferin nahm VW dann auf Rückabwicklung des Kaufvertrages in Anspruch und klagte.
Das Landgericht Trier (Urt. v. 17.4.2019, Az. 5 O 552/18) gab der Frau auch Recht und billigte ihr einen deliktischen Schadenersatzanspruch zu. Dies bestätigte der 10. Zivilsenat des OLG: Sie habe einen Anspruch auf Schadensersatz aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), da VW vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt habe. Damit bleibt das OLG auf einer Linie mit eigenen vorangegangenen Entscheidungen. Die meisten anderen Oberlandesgerichte stellten ebenfalls eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung fest, beispielsweise das Saarländische OLG kürzlich.
Beachtenswert am Koblenzer Verfahren war aber die Argumentation von VW: Es wurde vorgebracht, dass dem Unternehmen eine "exorbitanten Kumulation von Schadensersatzansprüchen" drohe, wenn gerichtlich eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung festgestellt würde. Diese Argumentation überzeugte das OLG Koblenz jedoch nicht. Würde man dieser Argumentation folgen, könne sich der Schädiger ja umso leichter entlasten, je größer die Anzahl der Geschädigten und je größer der Schaden ist. Dieses Ergebnis sei nicht tragbar. Außerdem sei auch gar nicht zu erkennen, dass eine "exorbitante Kumulation von Schadensersatzansprüchen" drohe. Sowohl die bundesweite Zahl der Individualklagen als auch die Zahl der Personen, die sich der Musterfeststellungsklage angeschlossen haben, lägen weit unter der Zahl der potenziell betroffenen Fahrzeuge.
ast/LTO-Redaktion
OLG Koblenz zum Dieselskandal: . In: Legal Tribune Online, 18.02.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40351 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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