Weil ein Hausarzt Komplikationen nach einer Unterarmprellung zu spät erkannt hatte, musste dem Patienten der Unterarm amputiert werden. Der erhält dafür nun 50.000 Euro Schmerzensgeld, entschied das OLG Hamm.
Zeigen sich nach einer unfallbedingten Gipsschienenbehandlung bei einem Patienten Symptome eines Kompartmentsyndroms, muss der mit der Nachsorge betraute Hausarzt diese abklären lassen. Versäumt er das, kann das einen groben Behandlungsfehler darstellen, für den dem Patienten ein Schmerzensgeld i.H.v. 50.000 Euro zustehen kann, wenn er infolge des Fehlers seinen rechten Unterarm verliert, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm (Urt. v. 13.06.2017, Az. 26 U 59/16).
Der seinerzeit 48 Jahre alte Kläger erlitt im Mai 2012 bei einem Unfall ein Anpralltrauma am rechten Unterarm. Nach der Diagnose einer Prellung wurden Arm und Hand durch eine Gipsschiene ruhig gestellt. Etwa eine Woche nach dem Unfall zeigten sich am betroffenen Arm eine deutliche Schwellung, ein Hämatom und eine Bewegungseinschränkung. Zudem berichtete der Patient über massive Schmerzen. Der behandelnde Arzt ließ daraufhin die Gipsschiene erneuern und verordnete ein Schmerzmittel.
Drei Tage später suchte der Patient die Praxis mit seinem inzwischen dick geschwollenen Arm erneut auf. Er wurde daraufhin an einen niedergelassenen Chirurgen und von diesem noch am selben Tage in eine Klinik überwiesen, wo ein fortgeschrittenes Kompartmentsyndrom am rechten Unterarm diagnostiziert wurde. Dabei kommt es zu erhöhtem Gewebedruck, was die Durchblutung des betroffenen Körperteils vermindert. Im Verlauf der sich anschließenden Behandlung musste der rechte Unterarm des Mannes amputiert werden.
OLG: Arzt hätte Syndrom abklären lassen müssen
Das OLG hat nach sachverständiger Beratung einen groben Behandlungsfehler auf Seiten des Hausarztes angenommen und dem Patienten ein Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro zugesprochen.
Der behandelnde Arzt habe, so der Senat, im Rahmen der Nachsorge etwa eine Woche nach dem Unfall die Möglichkeit eines Kompartmentsyndroms abklären lassen müssen. Zu diesem Zeitpunkt habe sich beim Kläger nämlich erstmals ein Hämatom gebildet, wobei er damit einhergehend auch unter massiven Schmerzen gelitten habe. In Übereinstimmung mit dem Sachverständigen sei das Versäumnis des Arztes, zu diesem Zeitpunkt lediglich einen neuen Gips anlegen zu lassen und ein Schmerzmittel zu verschreiben, im vorliegenden Fall als grob behandlungsfehlerhaft zu bewerten.
Aufgrund dieses groben Behandlungsfehlers komme dem Kläger eine Beweislastumkehr zugute. Entsprechend sei davon auszugehen, dass die weiteren schwerwiegenden Behandlungsfolgen, insbesondere die Notwendigkeit zur Amputation des rechten Unterarms, auf die fehlerhaft zu späte Behandlung des Kompartmentsyndroms zurückzuführen seien.
acr/LTO-Redaktion
OLG Hamm nimmt groben Behandlungsfehler an: . In: Legal Tribune Online, 10.08.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23895 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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