Der Bundesvorsitzende der rechtsextremen Kleinstpartei "Die Rechte" hatte den Vorsitzenden einer jüdischen Gemeinde als "der freche Juden-Funktionär" bezeichnet. Das war volksverhetzend, entschied das OLG Hamm.
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat entschieden, dass die Verwendung des Begriffs "frecher Jude" zum Hass anstachelt. Es handele sich um eine auf die Gefühle des Adressaten abzielende, über die bloße Äußerung von Ablehnung und Verachtung hinausgehende Form des Anreizens zu einer feindseligen Haltung gegenüber Menschen jüdischen Glaubens, entschied der 3. Hammer Strafsenat (Beschl. v. 28.01.2020, Az. III-3 RVs 1/20).
Sascha Krolzig, Bundesvorsitzender der rechtsextremen Kleinstpartei "Die Rechte", hatte auf der von ihm zu verantwortenden Internetseite der Partei einen Artikel veröffentlicht, in dem er den Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Herford/Detmold, Matitjahu Kellig, unter anderem als "frechen Juden-Funktionär" bezeichnete.
Hintergrund war ein Interview Kelligs im WDR. Er hatte dort kritisiert, dass ein Verleger aus Ostwestfalen, in dessen Druckhaus auch das Amtsblatt der Stadt Preußisch Oldendorf hergestellt wird, auch rechtsextreme Schriften verbreite. Laut Kelligs leitet der Verleger auch die "Deutsche Verlagsgesellschaft", in dem unter anderem Bücher über "vorbildliche und bewährte Männer der Waffen-SS" veröffentlicht wurden. Kelligs hatte die Stadt aufgefordert, die Zusammenarbeit mit dem Verleger einzustellen.
OLG: Begriff im Zusammenhang mit Rassenideologie genutzt
"Die Rechte" solidarisierte sich daraufhin mit dem Verleger und warf Kelligs "ein gestörtes Verhältnis zur Meinungsfreiheit" vor. In dem Artikel auf der Internetseite der Partei, der mittlerweile nicht mehr abrufbar ist, wurde Kelligs als "frecher Juden-Funktionär" bezeichnet. Am Ende des Artikels mit der Überschrift "Staatsfunk, Linke und Jüdische Gemeinde hetzen gegen Verleger" hieß es, die Partei würde "den Einfluß jüdischer Lobbyorganisationen auf die deutsche Politik in allerkürzester Zeit auf genau Null reduzieren." Das Amtsgericht (AG) Bielefeld verurteilte Krolzig dafür wegen Volksverhetzung in Tateinheit mit Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Der Berufung dagegen gab das Landgericht (LG) Bielefeld nicht statt.
Krolzigs Revision blieb vor dem OLG nun ebenfalls ohne Erfolg. Die Verwendung des Begriffs stachele zum Hass an, ziele einzig und allein auf die Gefühle des Adressaten ab und sei mehr als nur Ablehnung und Verachtung. Vielmehr sei die Formulierung ein Anreiz zu feindseligen Handlungen gegenüber Menschen jüdischen Glaubens und stelle ein "Aufstacheln zum Hass" im Sinne von § 130 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch dar, führte das Gericht zur Begründung an.
Der einschlägig wegen Volksverhetzung vorbestrafte Angeklagte habe die Äußerung im Zusammenhang mit nationalsozialistischer Rassenideologie genutzt, so das Gericht weiter. Dies lasse nur darauf schlißen, dass es ihm gerade auf den herabwürdigenden und an den Nationalsozialismus anknüpfenden Sprachgebrauch angekommen sei.
acr/LTO-Redaktion
OLG Hamm: . In: Legal Tribune Online, 19.02.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40367 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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