Es geht um viel Geld, einen Hengst und dessen ausgeprägte "Hengstigkeit": Die Frage, ob ein Nutzungsentgelt für einen turniererprobten Hengst wegen seiner wilden Eigenarten gemindert werden darf, beschäftigte nun das OLG Frankfurt am Main.
Wird ein edler Dressurhengst vertraglich einem Dritten überlassen und diesem das Risiko des krankheitsbedingten Ausfalles des Hengstes zugewiesen, dann kann das vereinbarte Nutzungsentgelt nicht gemindert werden. Für das Argument, aufgrund der "Hengstigkeit" des Pferdes zu viel gezahlt zu haben, muss ein konkret bezifferbarer Betrag nachweisbar sein. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat damit die Berufung der Nutzerin eines Hengstes gegen eine landgerichtlich festgestellte Zahlungsverpflichtung zurückgewiesen (Beschl. v. 12.06.2024, Az. 8 L 284/24).
Die Geschichte beginnt mit einem Vertrag über die einjährige Nutzung eines hochkarätigen Dressurhengstes für satte 267.750 Euro (brutto). Die Beklagte ist eine GmbH, die auf Trüffelzucht und Pferdehandel spezialisiert ist. Sie wollte das Prachtexemplar von einem Pferd für Turniere einsetzen, um ihre eigenen Pferde zu promoten. Obendrein sollte die Tochter der Mutter, die für die beklagte GmbH die Verhandlungen führte, exklusiven Reitunterricht vom Geschäftsführer des klagenden Unternehmens bekommen. Der Mann ist nämlich gleichzeitig Ausbilder mit höchster Qualifikation im Reitsport und hatte auch schon bei Olympia teilgenommen. Der Hengst, um den es ging, war auch schon einmal im Bundeskader Dressur. Doch hier kommt seine Hengstigkeit ins Spiel – ein Argument, das man nicht alle Tage hört, schon gar nicht vor Gericht.
Der hengstige Hengst
Das Verhalten von Hengsten – im Fachjargon Hengstigkeit genannt – hat Vor- und Nachteile. Mal ist Hengstigkeit erwünscht, mal weniger. In Deckstationen zum Beispiel sind temperamentvolle Hengste bares Geld wert, da sie die Zuchtbetriebe effizienter machen. Doch für Freizeitreiter wie Profisportler ist ein gelassener, ausgeglichener Hengst im Alltag und beim Reiten meist die bessere Wahl. Genau das war hier das Problem: Der Hengst habe sich während der Überlassung zur Nutzugen nicht gerade von seiner gelassenen Seite gezeigt, so die beklagte GmbH.
Schon bald nach Vertragsbeginn begannen die Probleme. Der Hengst benahm sich manchmal zu hengstig, um mit ihm wie gewünscht an Turnieren teilnehmen zu können. Statt Medaillen und Preisgeldern standen abgesagte Turniere auf dem Plan. Die GmbH, die das Pferd nutzte, wollte daher das Nutzungsentgelt mindern.
OLG bleibt fest im Sattel: Die Beweise fehlen
Das OLG Frankfurt am Main zeigte sich allerdings eher unbeeindruckt von dieser Argumentation. Weder habe die Beklagte im Verfahren jemals die Reitbarkeit des Hengstes beanstandet noch sei klar, in welchem Umfang aus der Hengstigkeit heraus eine aufrechenbare Überzahlung resultieren sollte. Auch die Behauptung, dass der Hengst sich bei einem Deckakt mit einer Stute verletzt habe, verhalf der Beklagten mangels Beweisen nicht weiter.
Das OLG stellte klar, dass der Vertrag auch nicht wegen Wuchers (§ 138 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) nichtig sei. Zwar seien 267.750 Euro brutto ein stolzer Preis für die einjährige Nutzung eines Pferdes. Allerdings begründe die Vollkaufmanneigenschaft der Beklagten als GmbH die Vermutung, dass das klagende Unternehmen mit dem Olympiareiter als Geschäftsführer nicht in verwerflicher Weise eine persönliche oder geschäftliche Unterlegenheit ausgenutzt habe, so das OLG.
Damit steht auch nach der OLG-Entscheidung fest: Die beklagte GmbH muss auf den bereits gezahlten Nettobetrag die noch ausstehende Umsatzsteuer von mehr als 40.000 Euro zahlen müssen, sofern sie nicht erfolgreich in Revision geht.
xp/LTO-Redaktion
OLG Frankfurt am Main zum Krawall im Pferdestall: . In: Legal Tribune Online, 20.06.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54816 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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