Ein aus der Haft entwischter Häftling ärgerte sich über eine Zeitung, die über seine Flucht berichtete. Da kann aber auch das OLG Frankfurt am Main nicht helfen: Ohne ladungsfähige Adresse könne der Mann nicht klagen.
Eine ladungsfähige Anschrift ist essenziell, um ordnungsgemäß Klage erheben (bzw. einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellen) zu können (§ 253 Abs. 2 Nr. 1, § 130 Nr. 1 Zivilprozessordnung). Auch als Häftling kann man klagen, die Anschrift ist dann die der Justizvollzugsanstalt (JVA). Dass das aber nicht gilt, wenn man aus dem Gefängnis entwischt ist und sich gerade auf der Flucht befindet, stellte nun das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main klar (Urt. v. 07.03.2024, Az. 16 W 5/24).
Hintergrund der Entscheidung ist der Fall eines flüchtigen Strafgefangenen, der sich gegen mehrere Presseberichte über sein Entkommen wehren wollte. Der Mann war Ende vergangenen Jahres nach dem Freigang nicht mehr in die JVA zurückgekehrt. Das nahm eine Zeitung zum Anlass, um über ihn zu berichten – sehr zum Unmut des Flüchtigen. Er verlangte vom Verlag, der hinter der Zeitung steht, es zu unterlassen, ein Bild von ihm zu veröffentlichen. Auch bestimmte Äußerungen in dem Text im Zusammenhang mit seiner Flucht wollte er verbieten lassen.
So hatte er zunächst einen Antrag auf einstweilige Verfügung beim Landgericht (LG) Frankfurt am Main gestellt. Als seine Anschrift gab er dabei die Adresse seines Gefängnisses an – ein prozessrechtlicher Fehler, wie das LG kurz darauf befand. Denn die Adresse der JVA biete keine Gewähr für eine ernsthafte und ordnungsgemäße Zustellung, da sich der Mann derzeit auf der Flucht befinde (Urt. v. 09.02.2024, Az. 2-03 O 73/24). Daraufhin erhob der Flüchtige Beschwerde vor dem OLG.
Wer flüchtet, gibt seinen Aufenthalt in der JVA auf
Das OLG bestätigte die Entscheidung des LG nun im Wesentlichen. Eine ladungsfähige Anschrift sei unerlässlich für die Klageerhebung, um unter anderem die Ernsthaftigkeit des Klagebegehrens zu dokumentieren. Die JVA-Adresse des Gefangenen sei dabei nicht ladungsfähig, da er flüchtig sei und damit signalisiert habe, seinen Aufenthalt in der JVA dauerhaft aufzugeben, stellt das Gericht klar.
Das Gericht stellte klar, dass es theoretisch sogar möglich sei, einen Prozess aus dem Verborgenen heraus zu führen. Dies gelte jedoch nur, wenn ein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse bestehe. Das liege hier nicht vor. Zudem sei wichtig, Kenntnis von der konkreten Anschrift des Antragstellers zu haben, falls eventuell eine Kostenforderung vollstreckt werden muss. Andernfalls könne der Flüchtige ein Eilverfahren ohne jegliches finanzielles Risiko führen.
Für den Mann heißt es damit: entweder zurück ins Gefängnis oder sich weiterhin über die Berichterstattung ärgern. Die Wahl hat er offenbar getroffen, denn er ist nach wie vor flüchtig.
xp/LTO-Redaktion
OLG Frankfurt verlangt ladungsfähige Anschrift: . In: Legal Tribune Online, 14.03.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54109 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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