Eine im EU-Ausland wirksam geschlossene Minderjährigenehe kann im Regelfall nicht nach deutschem Recht aufgehoben werden. Ansonsten könne es zu einer schweren Härte für die Ehegatten führen, so das OLG Frankfurt zu einem Fall aus Bulgarien.
Ihr erstes gemeinsames Kind kam auf die Welt, als die Frau 15 Jahre alt war. Im Frühjahr 2018, da war die Mutter 17 Jahre alt, heiratete das bulgarisches Paar dann wirksam nach bulgarischem Recht. Seit Sommer 2018 leben die beiden in Deutschland und erwarten gegenwärtig ihr zweites Kind. In Deutschland beantragten die Behörden, die Ehe aufzuheben, da die Frau bei der Eheschließung minderjährig und damit nicht ehemündig gewesen sei. Das Amtsgericht wies den Antrag aber zurück.
Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hatte die Beschwerde keinen Erfolg, wie aus einer am Mittwoch veröffentlichten Entscheidung hervorgeht (Beschl. v. 28.07.2019, Az. 5 UF 97/19). Die Voraussetzungen für eine Eheaufhebung lägen nicht vor, stellte das OLG fest. Die Ehe sei nach dem hier maßgeblichen bulgarischen Recht wirksam geschlossen worden. Auch dort bestehe Ehemündigkeit zwar grundsätzlich erst ab 18 Lebensjahren. Personen, die das 16. Lebensjahr vollendet hätten, könnten jedoch mit der Genehmigung eines sogenannten Rayonsrichters die Ehe schließen. Diese Genehmigung liege hier vor.
Paar will verheiratet bleiben
Zwar könnten auch nach ausländischem Recht wirksam geschlossene Minderjährigenehen nach deutschem Recht aufgehoben werden, jedoch nicht, wenn sie aufgrund "außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte für den minderjährigen Ehegatten darstellen würde, dass die Aufrechterhaltung der Ehe ausnahmsweise geboten erscheint", so die Frankfurter Richter.
Dies sei bei dem bulgarischen Ehepaar der Fall, entschied das OLG. Würde die Ehe eines Unionsbürgers, die nach dem Recht eines seiner Mitgliedstaaten wirksam geschlossen wurde, in einem anderen Mitgliedstaat aufgrund der dort geltenden nationalen Bestimmung aufgehoben, behindere dies den Betroffenen in seiner Freizügigkeit. Die Eheaufhebung würde darüber hinaus gegen das Recht auf Arbeitnehmerfreizügigkeit und Aufenthalt verstoßen.
Auch aus Gründen der öffentlichen Ordnung sei eine Verletzung dieser Rechte im Falle des Paares nicht gerechtfertigt. Die minderjährige Ehefrau sei nicht in dem Maße schutzwürdig, wie es dem Gesetzgeber in dem seit Juli 2017 in Kraft getretenen Gesetz zur Aufhebung von Kinderehen vorschwebte, so das OLG. Weder die Ermittlungen des Jugendamtes noch ihre Anhörung hätten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Antragsgegnerin die Tragweite und die Rechtsfolgen der Eheschließung bei der Heirat nicht erfasst habe. Zudem wollten die Antragsgegner auch künftig als verheiratetes Paar mit ihren gemeinsamen Kindern weiterleben.
acr/LTO-Redaktion
OLG Frankfurt lehnt Aufhebung ab: . In: Legal Tribune Online, 04.09.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37423 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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