Ein Amtsgericht steht auf Kriegsfuß mit der Idee, Kindern Smartphones zu überlassen. Nun ist das OLG Frankfurt eingeschritten und entschied: Gefährlich seien die Geräte prinzipiell nicht, auf die richtige Erziehung komme es an.
Das Amtsgericht (AG) Bad Hersfeld und Kinder mit Smartphones - das scheint eine besondere Geschichte zu sein. Bereits im August 2016 verdonnerte das Gericht einen Vater dazu, die Messenger-App Whatsapp von den Smartphones seiner minderjährigen Töchter zu löschen, um sie vor anzüglichen Nachrichten zu schützen. Kaum ein Jahr später entschied man dort, dass Eltern, die ihren minderjährigen Kindern ein Smartphone überlassen, mit diesen eine Nutzungsvereinbarung darüber treffen müssen, dass sie die Nutzung des Smartphones begleiten und beaufsichtigen – bis zur Volljährigkeit des Kindes. Grund dafür war die Datenpolitik von WhatsApp.
Nun hat das AG hat ein weiteres Mal sein Misstrauen gegenüber der Medienkompetenz von Kindern kundgetan. Ein achtjähriges Mädchen dürfe kein Smartphone haben und das Internet überhaupt nur nach vorheriger Absprache mit der Mutter nutzen, beschloss das Gericht. Dagegen legten Eltern und Tochter Beschwerde zum Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. ein, welches die erste Instanz nun zurückpfiff: Ein Smartphone gefährde nicht grundsätzlich das Kindeswohl, heißt es im nun veröffentlichtem Beschluss (v. 15.06.2018, Az. 2 UF 41/18).
Die getrennt lebenden Eltern der Achtjährigen hatten ursprünglich vor dem AG Bad Hersfeld über das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihre Tochter gestritten. Das Gericht sprach es der Mutter zu, erlegte ihr jedoch auf, dem Kind sein Smartphone wegzunehmen und "feste Regeln, insbesondere verbindliche Zeiten und Inhalte hinsichtlich der Nutzung von im Haushalt verfügbaren Medien (insbesondere TV, Computer, Spielkonsole, Tablet) für das Kind zu finden". Die Auflagen waren bis zum 12. Geburtstag des Mädchens befristet.
OLG: Eltern bestimmen, wie sie ihre Kinder vor Gefahren schützen
Nicht nur Mutter und Tochter legten Beschwerde gegen die Auflage an, auch der Vater wollte die Handy-Abstinenz seiner Tochter nicht hinnehmen. So zog man vor das OLG Frankfurt, das der Familie Recht gab und die Auflagen aufhob.
Gerichtliche Auflagen zur Kindeserziehung können nach Auffassung der Frankfurter Richter nicht nach Belieben erteilt werden. Denn das Recht der Eltern, ihre Kinder zu erziehen, sei grundgesetzlich geschützt. Dies betonte das OLG zunächst, um dann klarzustellen: Es gebe keine Rechtfertigung, um Eltern prinzipiell zu untersagen, ihren Kindern ein Mobiltelefon anzuvertrauen.
Bezieht man sich, wie es das AG getan hatte, auf eine Kindeswohlgefährdung i. S. v. § 1666 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), so muss den Frankfurter Richter zufolge auch dargelegt werden, worin denn die konkrete Gefährdung bestehen soll. Das habe das AG hier allerdings nicht geschafft, denn allein der Besitz eines Smartphones sei schließlich nicht gefährlich.
Zwar könne Medien- und Internetkonsum via Youtube, Whatsapp und Co. für Kinder durchaus gefährlich sein, so das OLG, doch Gefahren lauerten im Alltag viele. Das Schädigungspotenzial sei etwa vergleichbar mit ausgedehnten Fernsehzeiten oder auch einer Ernährung mit zu viel minderwertiger und ungesunder Nahrung ("Junkfood"). Diesem vorzubeugen sei Aufgabe der Eltern. Wie diese ihre Kinder aber vor Gefahren schützten, obliege zunächst einmal ihnen selbst. Insoweit gelte auch für Familiengerichte der Grundsatz der Subsidiarität staatlichen Eingreifens.
mam/LTO-Redaktion
OLG Frankfurt zum Schädigungspotenzial von Smartphones für Kinder: . In: Legal Tribune Online, 09.07.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/29631 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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