Das Land Niedersachsen hat im Jahre 1985 kein wirksames Eigentum an dem Gemälde "Il Miraculo di Sant Antonio" des italienischen Malers Giovanni Battista Tiepolo erworben. Das Gemälde muss an die Testamentsvollstreckerin der ursprünglichen - im Laufe des Klageverfahrens verstorbenen - Eigentümerin in Italien herausgegeben werden.
Dies hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle (OLG) mit Urteil vom 17. September 2010 entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Hannover aufgehoben (Aktenzeichen: 4 U 30/08). Die Revision wurde nicht zugelassen. Angesichts des Streitwerts von 500.000 EUR ist die Nichtzulassungsbeschwerde an den Bundesgerichtshof zulässig.
Der Senat sah es als erwiesen an, dass die frühere Klägerin das Bild von ihrem Vater als Teil seiner Sammlung Modiano geerbt habe und dass es ihr um die Jahreswende 1978/1979 aus ihrer Pariser Wohnung gestohlen worden sei. Ausschlaggebend für die Auffassung waren dabei u.a. Dokumente, aus denen sich ergibt, dass sie seinerzeit den Diebstahl des Bildes bei der französischen Polizei und bei der für die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen für solche Bilder zuständigen Stelle beim Louvre angezeigt hatte. Einen fingierten Diebstahl schloss der Senat indes aus, da das Bild nicht versichert gewesen sei.
Weiter gelangten die Richter zu der Überzeugung, dass das Landesmuseum im Jahre 1985 nicht gutgläubig Eigentum von der französischen Verkäuferin, einer Kunstmalerin, hat erwerben können. Sowohl die Kunstmalerin als auch der für das Landesmuseum handelnde Kustos hätten bei ihren jeweiligen Ankäufen aufgrund der für einen Kunsterwerb ungewöhnlichen Kaufumstände Verdacht auf eine zweifelhafte Herkunft des Gemäldes schöpfen müssen. Das Land habe nicht beweisen können, dass es sich der Seriosität der Verkäuferin vergewissert hatte. Zudem hätte der Kaufpreis von 1 Million französischer Franc erkennbar erheblich unter dem damaligen tatsächlichen Wert gelegen.
Schließlich trugen auch die Umstände des Transports des Bildes zur Auffassung der Richter bei: Dem Kustos sei bekannt gewesen, dass das Gemälde in einer Reisetasche zwischen zwei Buchdeckeln per Flugzeug nach Deutschland verbracht worden sei. Die Zollformalitäten zur Deklarierung der Einfuhrumsatzsteuer seien umgangen und die damals erforderliche Ausfuhrgenehmigung des Louvre sei nicht eingeholt worden. Eine zwischen dem Kustos und dem Überbringer formulierte Empfangsquittung habe den Anschein erweckt, das Land hätte das Bild von diesem als einem deutschen Verkäufer erworben.
Damit habe sich das Landesmuseum – unter Würdigung der Gesamtumstände - zumindest leichtfertig über nächstliegende Verdachtsmomente hinweggesetzt, wenn es die Verkäuferin für die berechtigte Eigentümerin des Bildes hielt.
OLG Celle: . In: Legal Tribune Online, 17.09.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1493 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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