Im Dieselskandal hat ein weiteres OLG zugunsten eines VW-Kunden entschieden. Die Abschalteinrichtung sei eine auf Täuschung angelegte Konzeption, so das OLG Bremen. Dem Käufer eines gebrauchten Golfs stehe Schadensersatz zu.
Mit dem Oberlandesgericht (OLG) Bremen hat sich ein weiteres OLG zugunsten eines VW-Käufers entschieden und einen Schadensersatzanspruch gegen VW aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung bejaht (Urt. v. 06.03.2020, Az. 2 U 91/19). Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache ließ das Gericht die Revision zum Bundesgerichtshof zu.
Der klagende Autokäufer hatte im August 2014 einen gebrauchten VW Golf Diesel mit einem Motor des Typs EA 189 zum Preis von 13.000 Euro erworben. Der Motor verfügte über eine unzulässige Abschaltvorrichtung, durch die die Schadstoffgrenzwerte der Euro-Norm 5 nur auf dem Prüfstand, nicht aber im normalen Straßenverkehr eingehalten wurden. Nach dem vom Kraftfahrtbundesamt angeordneten Rückruf im Oktober 2015 ließ der klagende Autofahrer das kostenlose Software-Update zur Herstellung der Euro-5-Abgasnorm einspielen.
Die Klage des Mannes auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs war, wie auch schon in der Vorinstanz, erfolgreich. Nach Auffassung des OLG hafte VW als Herstellerin dafür, dass sie einen mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Dieselmotor produziert, eingebaut und in den Verkehr gebracht hat. "Allein schon die Tatsache, dass das Fahrzeug mit einem Motor versehen wurde, der nur auf dem Prüfstand einen normgerechten Schadstoffausstoß aufwies, während aufgrund einer 'Abschalteinrichtung' im Normalbetrieb die Normwerte nicht erreicht wurden, zeige die auf Täuschung angelegte Konzeption", hieß es in einer Mitteilung des Gerichts.
Zinsen ab Zahlungsverzug, Anrechnung des Nutzungsvorteils
Der Schaden des klagenden Autokäufers bestehe in einer ungewollten Kaufverbindlichkeit, die ihm einen wirtschaftlichen Nachteil gebracht habe, so das OLG. Der Schaden sei auch nicht durch das Software-Update weggefallen, da die Möglichkeit, dass noch andere nachteiliger Auswirkungen des Dieselskandals hinsichtlich seines Fahrzeugs auftreten, nicht ausgeräumt sei. Besonders gravierend bewertete das OLG, dass "VW in einem breit angelegten jahrelangen systematischen Manöver aus Streben nach Gewinnmaximierung und Wettbewerbsvorteilen eine hohe Zahl von Käufern täuschte, einen entsprechend exorbitanten Schaden herbeiführte und darüber hinaus das bislang hohe Vertrauen des Verkehrs in die Marke Volkswagen missbrauchte".
Darüber hinaus könne der VW-Käufer zusätzlich Zinsen ab Zahlungsverzug von VW verlangen. Eine Zinszahlung ab dem Kaufzeitpunkt lehnte das Gericht hingegen mangels gesetzlicher Grundlage ab. Außerdem müsse sich der Käufer für die gefahrenen Kilometer einen Nutzungsvorteil anrechnen lassen.
Dass sich im konkreten Fall die Täuschung "nur" auf dem Gebrauchtwagenmarkt ausgewirkt hat, spiele dabei keine Rolle, so die Bremer Richter. Der weite Kreis der Gebrauchtwagenkäufer sei in gleicher Weise wie die Erstkäufer betroffen, entschied das Gericht. Ähnlich hatten in der Vergangenheit auch andere OLG entschieden, etwa das in Stuttgart und das in Naumburg.
acr/LTO-Redaktion
OLG Bremen: . In: Legal Tribune Online, 19.03.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/40947 (abgerufen am: 16.11.2024 )
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