"Easy Money" bedeutet leicht verdientes Geld. Ein O2-Kunde nahm das wörtlich und häufte ein Guthaben in Höhe von 225.000 Euro an. Nach einer Entscheidung des OLG München muss Telefonica das Geld nun auszahlen.
Der Mobilfunkbetreiber Telefonica muss rund 225.000 Euro Handyguthaben nebst Zinsen an einen geschäftstüchtigen Kunden auszahlen, der mit Gesprächsgutschriften ein kleines Vermögen angehäuft hat. Das Oberlandesgericht (OLG) München gab am Donnerstag nach mehrjährigem Rechtsstreit um die "Easy-Money"-Gutschriften dem Kunden Recht (Urt. v. 12.12.2019, Az. 8 U 178/19).
Der Mann hatte das "Easy-Money"-Versprechen wörtlich genommen, insgesamt 508 Prepaid-Karten der Telefonica-Marke O2 gekauft und einen zur Kundenwerbung gedachten Marketinggag in ein lukratives Geschäftsmodell umfunktioniert: Bei Prepaid-Karten mit Easy-Money-Funktion schrieb Telefonica für jeden eingehenden Anruf zwei Cent gut. Der Mann nutzte Wahlwiederholungs-Apps, um sich permanent selbst anzurufen.
Diesen Trick nutzten auch andere O2-Kunden, allerdings ist bisher kein Fall bekannt geworden, bei dem es um eine derart hohe Summe ging. Der Weg zum leicht verdienten Geld war dann allerdings schwierig und führte über zwei Gerichtsinstanzen: Telefonica hatte die 508 Karten 2015 zuerst sperren lassen, danach die Verträge gekündigt und schließlich die Auszahlung des Guthabens verweigert. Der Kunde hatte sich vor Gericht gegen die Kündigung gewehrt und primär die Feststellung beantragt, dass die Kündigungen unwirksam waren. Für den Fall, dass die Kündigungen wirksam waren, beantragte er hilfsweise die Auszahlung des gesamten Guthabens.
OLG: "Entscheidung aus rein prozessualen Gründen"
Der Konzern argumentierte dagegen. Der Kunde habe sowohl gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen als auch gegen Treu und Glauben verstoßen: Die Zwei-Cent-Gutschrift pro eingehendem Anruf sei nämlich nicht dafür gedacht geween, dass sich die Kundschaft mit Computerhilfe tausendfach selbst anruft.
Mit der Frage, ob der Mann gegen Treu und Glauben verstoßen hat, hat sich das Gericht nicht beschäftigt. "Das haben wir nicht entscheiden müssen", sagte der Vorsitzende Richter Herbert Lechner - und das hat Telefonica sich offenbar selbst zuzuschreiben. "Das ist eine Entscheidung aus rein prozessualen Gründen", betonte der Vorsitzende. Denn Telefonica hatte bis kurz vor Ende des Verfahrens keinerlei Dokumentation vorgelegt, wie die Guthaben auf den 508 Prepaid-Karten zustande gekommen waren. Ein Teil der 225.000 Euro war durch reguläres Aufladen der Karten gespeichert worden, diese Summe stünde dem Kunden in jedem Fall zu, so das Gericht. "Diese Aufteilung hat die Beklagte erst eine Woche vor dem Termin vorgenommen", sagte der Vorsitzende. Das war den Richtern zu spät.
Telefonica hat die "Easy Money"-Tarife längst aus dem Angebot genommen, doch gebraucht werden die Karten für ein Vielfaches des ursprünglichen Preises immer noch gehandelt. Wie dem O2-Tarifarchiv im Internet zu entnehmen ist, kostete eine Karte ohne Handy ursprünglich 20 Euro. Aktuell sind die Karten auf Ebay ab 500 Euro aufwärts zu haben.
Der klagende O2-Kunde forderte von Telefonica ursprünglich sogar über 300.000 Euro, den Wert seiner 508 Karten hatte er wegen der hohen Gebrauchtpreise mit 100.000 Euro veranschlagt. Das sah das Gericht aber anders, da die Kündigung der Verträge rechtmäßig gewesen sei und es damit an einer Pflichtverletzung oder unerlaubten Handlung als Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch fehle. Die Revision zum Bundesgerichtshof ließ das OLG nicht zu.
dpa/acr/LTO-Redaktion
OLG München zur "Easy-Money"-Aktion: . In: Legal Tribune Online, 12.12.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39205 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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