Das Bundeskabinett hat heute Änderungen im Ausländerrecht und der Strafprozessordnung beschlossen. Geduldeten und Asylbewerbern soll ein rascherer Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht werden. Unumstritten ist der Beschluss nicht.
Asylbewerber und Ausländer, die über eine Duldung verfügen, sollen künftig schneller Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten. Das sieht eine Formulierungshilfe vor, die das Bundeskabinett am Mittwoch zusammen mit weiteren Änderungen im Ausländerrecht und der Strafprozessordnung beschlossen hat. Sie sieht vor, dass Geduldeten im Regelfall eine Beschäftigungserlaubnis erteilt wird. Außerdem soll das Arbeitsverbot für Geflüchtete, die in Erstaufnahmeeinrichtungen für Alleinstehende leben, bereits nach sechs Monaten entfallen. Bisher galt das Verbot für neun Monate.
Neuer Stichtag für Beschäftigungsduldung
Die Ampel-Koalition will auch die Stichtagsregelung für die sogenannte Beschäftigungsduldung ändern. Bisher kann diese Möglichkeit nur nutzen, wer vor dem 1. August 2018 in die Bundesrepublik gekommen ist. Künftig sollen alle, die bis Ende 2022 nach Deutschland eingereist sind, diese Chance auf eine langfristige Bleibeperspektive nutzen können. Menschen, die aus sogenannten sicheren Herkunftsländern "offensichtlich unbegründete" Asylanträge gestellt oder ihre Identitätsklärung verweigert haben, sollen von den nun auf den Weg gebrachten Erleichterungen nicht profitieren können.
Geduldete sind Menschen, die zwar ausreisepflichtig sind, aber aus bestimmten Gründen nicht abgeschoben werden können. Laut Ausländerzentralregister waren Ende 2022 rund 304 000 Menschen ausreisepflichtig, davon etwa 248 000 mit einer Duldung.
"Arbeitgeber suchen händeringend nach Arbeitskräften, Kommunen brauchen Entlastung, und Menschen, die arbeiten, tragen etwas bei, werden Steuerzahler", sagte der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende, Andreas Audretsch. Die Ampel-Koalition wolle pragmatische Lösungen.
Datenaustausch zwischen Behörden soll automatisiert werden
Das Kabinett beschloss außerdem Regelungen zum automatischen Datenaustausch im Ausländer- und Sozialrecht. Damit soll beispielsweise sichergestellt werden, dass eine Ausländerbehörde darüber informiert wird, wenn jemand keine Sozialleistungen mehr bezieht. Umgekehrt soll die Stelle, die sich um die Auszahlung von existenzsichernden Leistungen kümmert, direkt von der Ausländerbehörde hören, wenn ein Ausländer fortgezogen ist. Derzeit „erhalten Leistungsbehörden Daten etwa zum Fortzug eines Ausländers nur auf Ersuchen im Einzelfall“, heißt es in dem Gesetzentwurf.
Ebenfalls verabschiedet wurde ein Vorschlag für die Verschärfung der Strafvorschriften für Schleuser. Schleuser, die das Leben von Menschen leichtfertig aufs Spiel setzen, sollen demnach künftig mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe oder Haft von 10 bis 15 Jahren bestraft werden. Bislang liegt der Strafrahmen hier bei 3 bis 15 Jahren.
Ramelow: Die Quote sei "viel zu gering"
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat sich an diesem Mittwoch für eine schnellere Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt ausgesprochen. "Wir sollten Flüchtlingen ein Recht auf Arbeit geben, statt sie an der Arbeit zu hindern", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Das schaffe Akzeptanz in der Gesellschaft und helfe, dem Hass auf Geflüchtete etwas entgegenzusetzen. Die Quote der in Arbeit gebrachten Flüchtlinge sei "viel zu gering". Das gelte auch für Ukrainerinnen und Ukrainer.
Linke kritisiert fehlenden Paradigmenwechsel
Reaktionen kommen auch aus der oppositionellen Linken. Die Sprecherin für Flucht- und Rechtspolitik der Linken-Fraktion Clara Bünger räumte in einer Pressemitteilung ein, dass der Kabinettsbeschluss zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber dennoch unzureichend sei.
"Die geplanten Erleichterungen beim Arbeitsmarktzugang stellen keinen Paradigmenwechsel dar, sie korrigieren nur leicht die bestehenden komplizierten Regelungen", stellt Bünger fest. Sie kritisiert den Kabinettsbeschluss für dessen Augenmerk auf dem Abschiebungsrecht: "Während die im Koalitionsvertrag vereinbarte Abschaffung aller Arbeitsverbote für Geflüchtete ausbleibt, werden zugleich umfangreiche Verschärfungen im Abschiebungsrecht vereinbart, von denen sich keine einzige im Koalitionsvertrag finden lässt." Sie plädiert für ein grundlegend anderes Verteilungssystem, das Familienbindungen und berechtigte Interessen und Fähigkeiten der Schutzsuchenden ebenso berücksichtigt wie konkrete Aufnahme- und Integrationskapazitäten in den Ländern und Kommunen.
Die Bundesregierung hofft, dass der Beschluss auch die Regierungschefs der Länder besänftigen wird, die am Montag erneut mit Kanzler Scholz über Migrationspolitik sprechen werden. Der Gesetzentwurf wird nun an den Bundestag weitergeleitet, der nach mehreren Debatten-Runden darüber abstimmt.
dpa/mw/LTO-Redaktion
Bundesregierung beschließt neues Migrationspaket: . In: Legal Tribune Online, 01.11.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53050 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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