Die Politik im rot-rot-grünen Berlin will per Gesetz die Mieten beschränken und einfrieren. Doch am umstrittenen Mietendeckel scheiden sich die Geister, Wohnungswirtschaft und Opposition laufen bereits Sturm.
Berlin will ungeachtet heftiger Kritik den Anstieg der Wohnkosten mit einem bundesweit einmaligen Mietendeckel stoppen. "Wir wollen ein Stoppzeichen setzen gegen Spekulationen, für leistbare Mieten und eine soziale Stadt", sagte Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) am Montag. Am Wochenende hatten Eckpunkte aus ihrem Hause mit strengen Mietobergrenzen von maximal acht Euro je Quadratmeter Aufsehen erregt. Es ist offen, ob sie unverändert in den geplanten Gesetzentwurf des rot-rot-grünen Senats einfließen.
Angesichts des angespannten Wohnungsmarktes in Berlin will der Senat alle Mieten für fünf Jahre per Gesetz einfrieren. Nach den Eckpunkten aus dem Hause Lompscher, die seit Sonntag die Runde machen, sollen Wohnungen je nach Alter und Ausstattung künftig nicht mehr als 3,42 bis 7,97 Euro Kaltmiete je Quadratmeter kosten dürfen. Die Lage soll dabei keine Rolle spielen. Liegen Mieten über dieser Obergrenze, sollen Mieter dem Vorschlag zufolge die Möglichkeit haben, diese zu senken. Bei Modernisierungen sind Zuschläge angedacht, die aber die Mietgrenze um nicht mehr als 20 Prozent überschreiten dürfen. Ausgenommen vom Mietendeckel sollen lediglich Neubauten ab 2014 sein.
Der Deutsche Mieterbund unterstützte den Senat und forderte die Bundesregierung auf, ebenfalls die Mieten zu begrenzen. "Die Probleme hoher Wiedervermietungsmieten, ständig steigender Mieten in bestehenden Mietverhältnissen und der Mieterhöhungen nach Modernisierungen bestehen in nahezu allen Großstädten und Ballungszentren."
Die Fraktionschefin der Linken im Bundestag, Sahra Wagenknecht, fordert einen Mietendeckel auch auf Bundesebene. "Statt ihre wirkungslose Mietpreisbremse zu verlängern, sollte sich die Bundesregierung am Entwurf des Berliner Mietendeckels ein Beispiel nehmen", sagte Wagenknecht der Neuen Osnabrücker Zeitung (Dienstag). Sie nannte es "unerträglich, dass die Große Koalition seit Jahren zuschaut, wie große Immobilienfonds die Mieten nach oben treiben, um ihren Anlegern Traumrenditen zu bieten, während Familien mit normalen Einkommen aus den Innenbezirken großer Städte vertrieben werden".
Mietendeckel könnte in Karlsruhe landen
Die Wohnungswirtschaft kündigte Widerstand gegen die Pläne in der Hauptstadt an. Berlin lockt mit steigenden Mieten und guten Renditechancen auf dem Wohnungsmarkt seit Jahren auch internationale Konzerne an. "Wir werden uns wehren", sagte der Präsident des Zentralen Immobilien-Ausschusses, Andreas Mattner. Er sprach von "Enteignung durch die Hintertür" und forderte die Bundestagsfraktionen auf, das Vorhaben per Normenkontrollklage vom Bundesverfassungsgericht überprüfen zu lassen. Auch aus Sicht des Immobilienverbands IVD und der Eigentümerverbandes Haus & Grund ist ein Mietendeckel in dieser Form verfassungswidrig.
Auch die FPD sieht das so und will den geplanten Mietendeckel Berlin laut einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland durch ein Normenkontrollverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zu Fall bringen. Das gehe aus einem Schreiben des Parlamentarischen Geschäftsführers der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, an die Mitglieder der Unionsfraktion hervor.
In Berlin gebe es keinerlei Rückenwind für Investoren, kritisierte Michael Voigtländer, Immobilienexperte am Institut der deutschen Wirtschaft. "Da wird die Wirtschaft zunehmend verschreckt", sagte er mit Blick auf die Enteignungsdebatte und den geplanten Mietendeckel.
Lompscher nannte das geplante Gesetz einen Akt der "Notwehr". Viele Menschen hätten Angst, sich die Miete künftig nicht mehr leisten zu können. Ziel sei es, eine sozial gemischte Stadt zu sichern. "Dazu ist es erforderlich, in die Bestandsmieten einzugreifen." Bei den Eckpunkten indes handele es sich um einen "Vorbereitungstand für einen Referentenentwurf". Zur Ausgestaltung des Gesetzentwurfes laufe ein "Arbeitsprozess", in den Experten sowie Vertreter der Koalition und der Wohnungswirtschaft eingebunden seien. In einigen Tagen soll der Entwurf fertig sein.
Innensenator Andreas Geisel (SPD) mahnte, nicht das Augenmaß zu verlieren. "Nicht der radikalste Vorschlag ist der beste, sondern der wirksamste Vorschlag." Nötig sei ein Mietendeckel, der Mietern schnell und rechtssicher helfe, anstatt jahrelang vor Gericht darüber zu streiten. Vize-Regierungschefin und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) sagte: "Wir müssen einen vernünftigen Interessenausgleich zwischen Mieterschutz und einem rechtmäßigen Eingriff in den überhitzten Berliner Mietenmarkt erreichen." Nicht jeder Vermieter dürfe unter Generalverdacht der Spekulation gestellt werden.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Berliner Mietendeckel: . In: Legal Tribune Online, 27.08.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37263 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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