Im Hessischen Landtag arbeitet ein Untersuchungsausschuss das Handeln der Sicherheitsbehörden auf, die die beiden Angeklagten im Lübcke-Prozess beobachteten. Die Prozessakten bekommt der Ausschuss aber noch nicht.
Der Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags zum Fall Lübcke muss wohl bis Ende Dezember auf die Akten des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt zum Strafverfahren wegen des Mords an dem Kasseler Regierungspräsident warten. Der 5. Strafsenat entschied nach Angaben einer Gerichtssprecherin am Montag, die Akten erst nach dem Ende der Hauptverhandlung dem Untersuchungsausschuss zuzuleiten (Beschl. v. 28.9.2020, Az. 5-2 StE 1/20-5a - 3/20).
Der Ausschuss, der das Handeln der hessischen Sicherheitsbehörden im Zusammenhang mit der Beobachtung der Angeklagten Stephan E. und Markus H. durch das Landesamt für Verfassungsschutz aufklären soll, hatte beantragt, ihm die Akten noch während des laufenden Verfahrens zu überlassen.
Bis Dezember warten ist zumutbar
Der Senat begründete seine Ablehnung damit, dass die Wahrheitsermittlung durch das Gericht gefährdet werden könne, wenn der Untersuchungsausschuss die Akten schon während der laufenden Beweisaufnahme erhalte. Dies gelte insbesondere für Zeugen, die vor ihrer Vernehmung durch Medienberichte über die Arbeit des Untersuchungsausschusses beeinflusst werden könnten - und dies in einem Verfahren, in dem es auf jedes Detail ankomme, um die Wahrheit zu ergründen.
Die Einstufung der Akten als vertraulich oder der Ausschluss der Öffentlichkeit von den Sitzungen des Untersuchungsausschusses sind nach Einschätzung des Gericht keine geeigneten Maßnahmen, da der Inhalt solcher nicht-öffentlichen Sitzungen bereits in der Vergangenheit Gegenstand medialer Berichterstattung gewesen sei.
Auch angesichts der bis 2024 andauernden Legislaturperiode des Landtags sei "dem Untersuchungsausschuss zuzumuten, das nach gegenwärtiger Planung voraussichtlich auf Dezember 2020 zu prognostizierende Ende der Hauptverhandlung abzuwarten", hieß es. Der Generalbundesanwalt war zuvor dem Antrag entgegengetreten.
Staatsanwaltschaft geht von rechtsextremistischen Motiven aus
In dem Verfahren vor dem OLG Frankfurt ist der 47 Jahre alte Deutsche Stephan E. angeklagt, den CDU-Politiker Walter Lübcke im Juni 2019 auf der Terrasse von dessen Wohnhaus erschossen zu haben. Markus H. ist wegen Beihilfe angeklagt. Die Bundesanwaltschaft geht von einer Tat aus rechtsextremistischen Motiven aus. Ernst hatte mehrere unterschiedliche Tatversionen geschildert und zuletzt in einer Einlassung über seinen Anwalt erklären lassen, er habe Lübcke erschossen. Markus H. sei ebenfalls vor Ort gewesen.
ast/dpa/LTO-Redaktion
OLG zum U-Ausschuss im Hessischen Landtag: . In: Legal Tribune Online, 28.09.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/42939 (abgerufen am: 04.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag