Bearbeiten Krankenkassen einen Antrag nicht rechtzeitig, gilt dieser als genehmigt. Ein Fristversäumnis der Kasse mittels eines dubiosen Vorgehens im Ausland zu provozieren, grenze aber an Rechtsmissbrauch, so das LSG.
Wenn eine Krankenkasse einen Antrag nicht rechtzeitig bearbeitet, gilt dieser als genehmigt. Diese neue Regelung dürfen Versicherte aber nicht dazu missbrauchen, Ansprüche "auf der Überholspur" durchzusetzen, hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in einem am Montag veröffentlichten Beschluss entschieden (Beschl. v. 30.08.2018, Az. L 16 KR 362/18 B ER).
Im verhandelten Fall hatte eine Krankenkasse einer Frau aus dem Kreis Osterholz mitgeteilt, dass sie ihr eine Fettabsaugung nicht bezahlt, weil dies keine zugelassene Behandlungsmethode sei. Die 53-Jährige litt seit vielen Jahren an vermehrten Fetteinlagerungen in Armen und Beinen; bei einer Größe von 168 Zentimetern wog sie 87,5 Kilogramm.
Noch während des laufenden Widerspruchsverfahrens - nach eigenen Angaben während einer Urlaubsreise auf der britischen Insel Jersey – stellte die Frau einen zweiten Antrag beim Deutschen Honorarkonsulat zur Weiterleitung an die Krankenkasse ein.
Bei Gericht stellte sie einige Wochen später einen Eilantrag. Wegen einer "beängstigenden Fortentwicklung" der Fetteinlagerungen in Armen und Beinen müsse das Fettabsaugen nun sehr schnell erfolgen. Auf ihren zweiten Antrag habe sie innerhalb der Bearbeitungsfrist keine Rückmeldung erhalten, weswegen nach ihrer Ansicht der Antrag als genehmigt anzusehen sei.
Fettabsaugung ohne Eilbedürfnis
Das LSG vermochte sich der Auffassung der Versicherten jedoch nicht anzuschließen, weil ihr Bestreben, über eine behauptete Antragseinreichung bei einem Deutschen Konsulat im Ausland eine Genehmigungsfiktion erwirken zu wollen, an Rechtsmissbrauch grenze.
Ein Eilverfahren setzte vielmehr schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile voraus, die durch ein Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten. Vermehrte Beschwerden in den Beinen nach einer Flugreise stellten dabei keinerlei Eilbedürfnis dar, entschieden die Celler Richter.
Zwar könne ein Antrag grundsätzlich auch über ein Konsulat eingereicht werden. Während eines bereits laufenden Widerspruchsverfahren dürfe die Frau die Kasse aber nicht mit einem angeblichen zweiten Antrag in selber Sache unter Druck setzen, zumal sie nach Ansicht des Gerichts nicht einmal belegen konnte, diesen wirklich gestellt zu haben.
mgö/LTO-Redaktion
LSG Niedersachsen-Bremen zur Genehmigungsfiktion: . In: Legal Tribune Online, 10.09.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/30839 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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