Weil ihre Brüste nicht "der weiblichen Ästhetik" entsprächen, verlangte eine Frau von ihrer Krankenkasse die Bezahlung einer Brustvergrößerung. Diese Argumentation konnte das LSG in Celle aber nicht überzeugen.
Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) muss keine Brustvergrößerung bezahlen, um psychisches Leiden zu lindern. Das hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) in einem am Montag veröffentlichten Beschluss (v. 17.8.2022, Az. L 16 KR 344/21) entschieden.
Bereits als 26-Jährige hatte die Frau, um die es in diesem Fall ging, eine ästhetische Brustvergrößerung mit Kochsalzimplantaten bei sich vornehmen lassen. Jahre später war ein Implantat undicht geworden, sie konsultierte ihren Frauenarzt. Dabei wurde eine Brustkrebserkrankung festgestellt und die Frau deshalb operiert.
Zwei Jahre nach dieser Operation beantragte die mittlerweile 52-Jährige von ihrer Krankenkasse die Übernahme der Kosten für eine erneute Brustvergrößerung. Sie begründete ihren Antrag mit psychischen Belastungen. Es könne von ihr nämlich nicht verlangt werden, mit nicht "der Ästhetik des weiblichen Körpers" entsprechenden Brüsten zu leben. Es sei außerdem nicht nötig, im Wege einer langen Therapie zu lernen, ihren Körper zu akzeptieren, wenn durch die gezielte OP direkt Abhilfe geschaffen werden könne. Außerdem, so führte sie an, "spiele die weibliche Brust als erotischer Reiz eine tragende Rolle im Rahmen der Sexualität."
Weder Krankheit noch Entstellung
Die Krankenkasse ließ sich von dieser Argumentation nicht überzeugen und lehnte den Antrag ab. Es gehe bei der OP nämlich nicht um eine erstattungsfähige krebsbedingte Rekonstruktion, da es bei der Brustkrebs-OP nicht zu einer Entfernung der Brüste gekommen sei. Die 52-Jährige sei auch nicht äußerlich entstellt, denn "die Brüste seinen zwar eher klein, aber zum Körperbild noch passend", befand die Krankenkasse. Das alternative Angebot eines Liftings, also eines Straffens der Brust, lehnte die Frau ab und zog stattdessen vor Gericht - erfolglos, wie sich nun herausstellte.
Das LSG bestätigte nämlich die Rechtsauffassung der Krankenkasse. Voraussetzung für die Übernahme der OP-Kosten sei die "krankheitswertige Beeinträchtigung einer Körperfunktion" oder "eine entstellende anatomische Abweichung". Beides träfe auf die klagende Frau nicht zu. "Subjektive Belastungen durch das Erscheinungsbild könnten keinen Eingriff rechtfertigen wegen der Schwierigkeiten einer Vorhersage der psychischen Wirkungen von körperlichen Veränderungen und der deshalb unsicheren Erfolgsprognose", entschied das Gericht. Daher sei der fehlende Nachweis der von der Frau vorgetragenen psychischen Belastung auch nicht weiter entscheidungsrelevant.
"Ein neuer Trend"
"Seit etwa ein bis zwei Jahren beobachten wir einen neuen Trend", kommentierte LSG-Pressesprecher Carsten Kreschel die Entscheidung des Gerichts. "Bisher machten Lifestyle-OPs und ästhetische Medizin nur einen minimalen Verfahrensanteil aus. Inzwischen gehören sie zum Alltagsgeschäft."
ast/LTO-Redaktion
LSG Celle verneint Anspruch: . In: Legal Tribune Online, 29.08.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49457 (abgerufen am: 16.11.2024 )
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