An den Folgekosten ihres gerissenen Brustimplantats muss sich eine Frau beteiligen, so das LSG in Celle. Ihr Argument, dass es gesellschaftlicher Standard sei, sich begehrenswert zu präsentieren, vermochte das LSG nicht zu überzeugen.
Eine Patientin mit gerissenem Brustimplantat muss sich an den Kosten für die notwendige Nachbehandlung beteiligen. Das hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen für solche Krankheitsursachen entschieden, die in willkürlichen Veränderungen des eigenen Körpers liegen, wie es am Montag bekanntgab (Beschl. v. 28.01.2019, Az. L 16 KR 324/18).
Geklagt hatte eine 46-jährige Frau, die eine schönheitschirurgische Operation als Privatbehandlung durchführen ließ. Sechs Jahre nach dem Eingriff war es nach Rissen an einem der Silikonimplantaten zu einer Brustentzündung gekommen. Die Frau ließ daraufhin ihre Implantate durch neue ersetzen, die sie ebenfalls privat bezahlte. Die Kosten für die Entnahme der alten Implantate in Höhe von 6.400 Euro trug zunächst die Krankenkasse. Diese forderte aber von der Frau 1.300 Euro zurück, weil § 52 Abs. 2 im fünften Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB) eine Kostenbeteiligung bei Folgeerkrankungen nach ästhetischen Operationen zwingend vorsehe.
Die Norm hält die 46-Jährige für verfassungswidrig. Sie machte deshalb einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 des Grundgesetzes (GG) geltend. Ihr Argument: Den Kassen stehe für vorsätzlich verursachte Krankheiten nach § 52 Abs. 1 SGB V ein Ermessen zu, wohingegen sie bei ästhetischen Operationen gemäß § 52 Abs. 2 SGB V in ihrer Entscheidung gebunden seien.
LSG: Gemeinschaft muss vor unsolidarischem Verhalten geschützt werden
Die Schönheitschirurgie hätte sich mittlerweile allerdings so entwickelt, dass Brustimplantate völlig normal und üblich seien, so die Frau weiter. Es sei ästhetischer Standard, sich "hübsch, sexy und begehrenswert zu präsentieren". Abweichungen würden hingegen als Makel empfunden, die zu psychischen Beeinträchtigungen führen könnten. Außerdem sei die Zahl der Krankheitsfälle nach schönheitschirurgischen Eingriffen deutlich geringer als nach Sport-, Freizeit- oder Sexunfällen.
Das sahen die Richter in Celle allerdings anders. Grundsätzlich zahle die Krankenkasse notwenige Leistungen nach dem Solidarprinzip ohne Rücksicht auf die Krankheitsursachen. Es gebe aber gesetzliche Ausnahmen bei ästhetischen Operationen, Tätowierungen und Piercings. Die Solidargemeinschaft müsse vor unsolidarischen Verhalten Einzelner geschützt werden, betonte das LSG. Genau deshalb sei der Ausnahmetatbestand der Norm auch verfassungsrechtlich zulässig.
Ob Schönheitsoperationen mittlerweile normal seien, spiele bei der Bewertung hingegen keine Rolle. Entscheidend sei allein, dass die Behandlung medizinisch nicht erforderlich sei. Da sich die Frau für den Eingriff freiwillig entschieden habe und auch wirtschaftlich leistungsfähig sei, müsse sie sich in Höhe der steuerlichen Belastungsfreigrenze an den Kosten beteiligen, so das LSG.
mgö/LTO-Redaktion
LSG Niedersachen-Bremen zu gerissenem Brustimplantat: . In: Legal Tribune Online, 18.02.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/33899 (abgerufen am: 18.11.2024 )
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