Krankenhäuser müssen keine Mindestmenge von Knieoperationen vorweisen, um Patienten auf diese Weise künftig behandeln zu können. Das hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg entschieden.
Eine Vorschrift des Gemeinsamen Bundesausschusses von Ärzten, Kliniken und Krankenkassen (GBA) sah vor, dass Krankenhäuser eine Mindestmenge von
Knieoperationen vorweisen können müssen, um Patienten auf diese Weise
behandeln zu können. Diese Vorschrift hat das Landessozialgericht (LSG)
Berlin-Brandenburg für unwirksam erklärt (Az. L 7 KA 77/08 KL). Das Gericht ist bundesweit für Streitfälle dieser Art zuständig.
Der GBA verlangte eine Mindestmenge von 50 Operationen pro Jahr mit sogenannten künstlichen Kniegelenken. Das LSG entschied, dass hierfür jedoch die gesetzliche Grundlage fehlt. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Entscheidung von Donnerstag ließen die Richter eine Revision beim Bundessozialgericht zu.
Ausreichende Qualitätssicherung für Routine-Operationen
Geklagt hatte ein Krankenhaus, das mit Ausnahme von 2010 nach eigenen Angaben immer weniger als 50 Knieoperationen vorweisen konnte. Die Klinik im brandenburgischen Neuruppin wollte jedoch nicht akzeptieren, dass ihr derartige Eingriffe versagt werden sollten, obwohl sie nach eigener Darstellung qualifizierte Spezialisten hat. Ein Gerichtssprecher teilte mir, dass derartige Operationen zu Routine-Eingriffen gehören, bundesweit gibt es demnach jährlich mehr als 100.000.
Aus Sicht des Gerichts konnte der GBA nicht nachweisen, dass durch die Mengenvorgabe automatisch auch die Qualität einer Operation gewährleistet ist. Statistische Angaben alleine reichten dafür nicht aus. Nach dem Gesetz müsse es vielmehr einen klaren Zusammenhang zwischen der Anzahl der Eingriffe und der Qualität geben. Das Gericht betonte, das Urteil sei für sämtliche Akteure des Gesundheitswesens verbindlich.
Für den GBA könnte es nun schwer werden, Mindestmengen zur Grundlage der medizinischen Qualitätssicherung vorzuschreiben. Denn mit dem Urteil setzte das Gericht seine bisherige Rechtsprechung zu dem Thema fort.
Erst im Januar hatte es eine Regelung vorläufig gekippt, wonach Frühgeborene nur noch von besonders erfahrenen Kliniken mit mindestens 30 Fällen pro Jahr versorgt werden dürfen. Damit waren die Klagen mehrerer Kliniken im Eilverfahren erfolgreich. Anfang nächsten Jahres soll dazu im Hauptsacheverfahren entschieden werden, sagte der Gerichtssprecher.
dpa/dsc/LTO-Redaktion
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LSG Berlin: . In: Legal Tribune Online, 19.08.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4060 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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