LSG zu Zehennagelbehandlung: Ein Podo­loge tut's auch

07.11.2017

Weil kein Arzt ihren eingewachsenen Zehennagel richten wollte, wandte sich eine Frau an einen Podologen. Die Kosten dafür wollte die Krankenkasse nicht erstatten. Muss sie aber, entschied nun das LSG Berlin-Brandenburg.

Findet sich in der Ärzteschaft niemand, der willens oder in der Lage ist, eine erforderliche Heilbehandlung durchzuführen, so muss die gesetzliche Krankenversicherung auch dann zahlen, wenn sich der Patient an einen anderen anerkannten Spezialisten wendet. Dies geht aus einer nun veröffentlichten Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg hervor (Urt. v. 11.10.2017, Az. L 9 KR 299/16).

In dem Fall geklagt hatte eine Frau, die unter einem chronisch eingewachsenen Zehennagel litt. Mit ihren Beschwerden wandte sie sich zunächst an diverse Ärzte, doch niemand erklärte sich bereit, sie zu behandeln. Auch die Nachfrage bei ihrer Krankenkasse und der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin nach einem geeigneten Mediziner blieb erfolglos.

In ihrer Not fand sie schließlich eine medizinische Fußpflegerin. Die Podologin behandelte sie fachgerecht mit einer Nagelkorrekturspange: Das Gebilde aus Draht oder Kunststoff wird unter dem freien Nagelrand angebracht, um den Nagel wieder in seine ursprüngliche Form zu heben.

Kein Arzt: Krankenkasse lehnte Zahlung ab

Ihre Krankenkasse lehnte allerdings die Erstattung der Kosten für die medizinische Fußpflege ab. Es handele sich nicht um eine ärztliche Behandlung, so die Begründung. Daher fielen die Kosten nicht der gesetzlichen Krankenversicherung zur Last. Die Leistung wollte die Versicherte nun gerichtlich erstreiten.

Wie schon das Berliner Sozialgericht gab auch das LSG ihrer Klage statt und verpflichtete die Kasse zur Zahlung. Nur weil kein Arzt zur Verfügung gestanden habe, könne sich die Beklagte nicht aus ihrer Erstattungspflicht herauswinden, so der 9. Senat.

Bei der Behandlung eingewachsener Zehnägel mittels einer Spange handele es sich nach den einschlägigen Regelungen des Krankenversicherungsrechts um eine ärztliche Leistung. Dass für die Nagelspangenbehandlung kein Arzt zu finden gewesen sei, falle sodann nicht in den Verantwortungsbereich der Patientin. Vielmehr sei dieser Zustand ein Systemmangel, erklärten die Richter.

LSG: Podologe ist fachlich ausreichend qualifiziert

Dieser erlaube auch die Inanspruchnahme eines Podologen. An der fachlichen Qualifikation von Podologen bestehe insoweit kein Zweifel, so das LSG. Die Berufsbezeichnung dürfe nämlich nur führen, wer eine inhaltlich genau vorgeschriebene Ausbildung in medizinischer Fußpflege sowie eine staatliche Prüfung absolviert habe.

Zum Ausbildungsprogramm gehöre gerade auch die Nagelspangenbehandlung. Staatlich geprüfte Podologen seien daher in besonderem Maße fachlich qualifiziert, die von Gesetzes wegen als ärztliche Leistung beschriebene Nagelspangenbehandlung sachkundig auszuüben.

Weil es der Sache eine grundsätzliche Bedeutung zuerkannte, ließ das LSG die Revision zum Bundessozialgericht zu.

mam/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

LSG zu Zehennagelbehandlung: . In: Legal Tribune Online, 07.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25417 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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