LSG Berlin-Brandenburg: Frem­den­füh­rungen im Bun­desrat nicht sozial­ver­si­che­rungspf­lichtig

18.07.2011

Ist die Führung von Besuchergruppen, die überwiegend von Honorarkräften auf selbständiger, nicht sozialversicherungspflichtiger Basis getätigt werden, grundsätzlich rechtmäßig oder gar ein Fall von Scheinselbständigkeit? Mit dieser Frage beschäftigte sich das LSG Berlin-Brandenburg am vergangenen Freitag.

Den Stein ins Rollen brachte die Deutsche Rentenversicherung. Sie vertrat die Auffassung, dass diese Honorarkräfte abhängig und damit sozialversicherungspflichtig beschäftigt seien. Sie forderte deshalb als Ergebnis einer Betriebsprüfung vom Bundesrat die Nachzahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung für die Jahre 2001 bis 2004 in Höhe von insgesamt rund 15.500 Euro.

Nach Abweisung der gegen den entsprechenden Bescheid erhobenen Klage des Bundesrates in erster Instanz hatte nun das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg zu entscheiden und kam zu einem eindeutigen Urteil (Urt. v. 15.07.2011, Az. L 1 KR 206/09):

Es sei grundsätzlich rechtlich beanstandungsfrei, den Einsatz von Honorarkräften im Rahmen des Besucherdienstes des Bundesrats als freiberufliche und selbständige Tätigkeit auszugestalten. Es gebe schließlich eine ganze Reihe von Tätigkeiten (Lehrkräfte und Dozenten, Rechtsanwälte, Schauspieler, Fremden- und Museumsführer), die sowohl von einem (sozialversicherungspflichtigen) Arbeitnehmer als auch auf (nicht sozialversicherungspflichtiger) selbstständiger Basis ausgeübt werden könnten. Auch die Führungen durch den Bundesrat zählten hierzu.

Die Honorarkräfte seien auch keine Scheinselbständigen, bei denen die gewählte Gestaltung und die tatsächlichen Verhältnisse auseinander fallen oder de facto Arbeitsverhältnisse umgangen werden sollen.

Ob es allerdings auch sozialpolitisch sinnvoll sei, dass das Verfassungsorgan Bundesrat nicht den Weg wähle, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu schaffen, hat der 1. Senat ausdrücklich offen gelassen; dies habe er nicht zu prüfen.

Das LSG hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die Beteiligten können diese Nichtzulassung noch binnen eines Monats nach Zustellung des vollständig abgefassten Urteils mit der Beschwerde beim Bundessozialgericht angreifen.

age/LTO-Redaktion

 

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Zitiervorschlag

LSG Berlin-Brandenburg: . In: Legal Tribune Online, 18.07.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/3789 (abgerufen am: 24.11.2024 )

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