Eine übliche Nebenwirkung einer Impfung ist kein Impfschaden. Außerdem müssen Impfreaktionen ärztlich dokumentiert und zu einer Funktionsstörung führen, so das LSG. Sonst gibt es auch keine Beschädigtengrundrente.
Für die Anerkennung eines Impfschadens reicht eine übliche Nebenwirkung einer Impfung nicht aus. Außerdem muss eine Impfreaktion ärztlich dokumentiert werden und es muss zu einer Funktionsstörung kommen. Das hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg entschieden (Urt. v. 28.04.2022, Az. L 6 VJ 254/21).
Geklagt hatte eine Frau, die sich im Jahr 2015 bei einem Sturz eine Wunde und eine Prellung zugezogen hatte und noch am selben Tag mit einem Kombinationsimpfstoff gegen Tetanus und Diphterie geimpft worden war. In der Folge bildete sich an der Einstichstelle an der linken Schulter ein sogenanntes Granolom, also eine körnchenförmige Neubildung von Gewebe. Das beklagte Land Baden-Württemberg erkannte dann zwei Jahre später per Bescheid eine leicht verhärtete druckschmerzhafte Fläche im Bereich des Schultermuskels und innerhalb dieser Stelle eine rot-bläulich verfärbte Verhärtung als Folge einer Impfschädigung an. Für eine Beschädigtengrundrente reiche das aber nicht aus, da der Grad der Schädigung nicht hoch genug sei, so das Land.
Schließlich zog die Frau vor Gericht. Sie machte geltend, dass sie an attackenartigem, schmerzhaftem Stechen und Brennen im linken Arm bis hin zum Unterarm leide. Sie könne sich nicht mehr auf diesen Arm stützen oder ihn hängen lassen. Ihre frühere Tätigkeit als Reinigungskraft könne sie daher nicht ausüben, entsprechend sei ihr sehr wohl eine Beschädigtengrundrente zu gewähren.
Schmerzbehandlung erst ein halbes Jahr nach der Impfung
Vor dem Sozialgericht (SG) Stuttgart als erste Instanz hatte die klagende Frau Erfolg und die Feststellung erreicht, dass ihr dieses Schmerzleiden als weitere Folge des vom Land bereits anerkannten Impfschadens ebenfalls anerkannt wird.
Das LSG hob dieses Urteil nun jedoch auf. Das Land habe mit der ersten Anerkennung eines Impfschadens schon falsch gelegen und Unrecht einen solchen angenommen. Entsprechend könne es auch keine weiteren Schädigungsfolgen geben wie sie die Frau jetzt geltend mache. Die Anerkennung eines Impfschadens setze nämlich grundsätzlich voraus, dass eine Impfreaktion ärztlich dokumentiert wird, sie über eine bloße übliche Nebenwirkung hinausgeht und dass es letztlich zu einer Funktionsstörung kommt.
Das Impfgranulom im konkreten Fall sei zunächst eine typische Nebenwirkung und keine über die übliche Impfreaktion hinausgehende Impfkomplikation. Die angeblich nach der Impfung weiteren eingetretenen gesundheitlichen Veränderungen seien in keiner Weise ärztlich dokumentiert worden. Tatsächlich habe bei der Frau schon vor der Impfung eine ängstlich-depressive Symptomatik samt neurotischer Störungen bestanden. Das sei wesentlich auf erhebliche familiäre und soziale Probleme der Frau zurückzuführen.
Die Schmerzsymptome seien ebenfalls nicht auf die Impfung zurückführbar, weil ein halbes Jahr nach der Impfung noch gar keine dauerhafte Schmerzmedikation erforderlich gewesen sei. Außerdem seien bereits in der Vergangenheit orthopädische Kopf- und Nackenschmerzen mit Ausstrahlung in beide Schultergürtel bei der Frau beschrieben worden.
pdi/LTO-Redaktion
LSG Baden-Württemberg: . In: Legal Tribune Online, 20.06.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48795 (abgerufen am: 13.11.2024 )
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