LSG BaWü zum Unfallversicherungsschutz: Auch beim "Luft­schnappen" kann es zum Arbeit­s­un­fall kommen

06.03.2023

Ein Arbeitnehmer hielt sich im Pausenbereich auf – und wurde von einem Gabelstapler angefahren. Dass das entgegen der Auffassung der Berufsgenossenschaft ein Arbeitsunfall war, stellt das LSG Baden-Württemberg nun klar.

Der Unfallversicherungsschutz besteht für Arbeitnehmer:innen auch, wenn sie in einem ausgewiesenen Pausenbereich kurz "Luftschnappen" und dabei verletzt werden. Das entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) (Urt. v. 27.2.2023, Az. L 1 U 2032/22).

Ein Beschäftigter eines Ludwigshafener Unternehmens hatte kurz nichts zu tun und ging erlaubterweise in einem dafür ausgewiesenen Pausen- und Ruhebereich frische Luft schnappen. Dort kam es dann jedoch zu einem unerwarteten Unfall: Ein Gabelstapler fuhr durch den Bereich und der Beschäftigte konnte nicht mehr ausweichen. Bei dem Zusammenprall mit dem Gabelstapler brach er sich den Unterarm und verletzte sich das Kniegelenk.

Die zuständige Berufsgenossenschaft wollte diesen Zusammenstoß jedoch nicht als Arbeitsunfall anerkennen. Denn das Luftschnappen des Beschäftigten sei eine "privatnützige Verrichtung" gewesen und daher nicht von § 8 des Siebten Teils des Sozialgesetzbuchs (SGB) erfasst. Auch das Sozialgericht Mannheim lehnte einen Arbeitsunfall aufgrund des freiwilligen Aufenthalts im Pausenbereich ab.

LSG lässt Revision in Kassel zu

Das LSG entschied nun aber anders. Das Gericht sah eindeutig eine spezifische betriebliche Gefahr darin, von einem Gabelstapler angefahren zu werden. Dass Gabelstapler besonders gefährlich wären, gefährlicher auch als der alltägliche Straßenverkehr, sei erwiesen und Grund für besondere Unfallverhütungsvorschriften bezüglich Gabelstapler. Ein Beschäftigter dürfe nun darauf vertrauen, dass er in einem Pausenbereich nicht solchen besonderen Gefahren ausgesetzt sei.

Der Senat hat allerdings die Revision zum Bundessozialgericht in Kassel zugelassen, weil in der bisherigen Rechtsprechung nicht endgültig geklärt sei, ob der Versicherungsschutz wegen einer spezifischen betriebsbezogenen Gefahr nur in unmittelbarer Nähe des konkreten Arbeitsplatzes bestehe oder auch in einem weiter entfernt liegenden Pausenbereich wie hier. Die Berufsgenossenschaft könne daher entscheiden, ob sie Revision einlegt oder das Urteil ausführt.

ast/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

LSG BaWü zum Unfallversicherungsschutz: . In: Legal Tribune Online, 06.03.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51228 (abgerufen am: 17.11.2024 )

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