Ein 100-jähriger ehemaliger Wachmann des KZ Sachsenhausen muss sich ab Oktober vor dem LG Neuruppin wegen Beihilfe zum Mord in 3.518 Fällen verantworten.
Ein 100 Jahre alter ehemaliger Wachmann des KZ Sachsenhausen soll sich von Anfang Oktober an vor dem Landgericht (LG) Neuruppin (Brandenburg) verantworten. Ein medizinisches Gutachten habe inzwischen die zeitweise Verhandlungsfähigkeit des 100-Jährigen bejaht, teilte Gerichtssprecherin Iris le Claire am Montag gegenüber der dpa mit. Zuvor hatte die Welt am Sonntag über den Prozessbeginn berichtet.
Der ehemalige SS-Wachmann soll laut Anklage der Staatsanwaltschaft durch seine Tätigkeit im Hauptlager des ehemaligen KZ von 1942 bis Februar 1945 wissentlich und willentlich Beihilfe zur grausamen und heimtückischen Ermordung von Lagerinsassen geleistet haben. Dabei soll es unter anderem um die Erschießung von sowjetischen Kriegsgefangenen im Jahr 1942 und sowie die Ermordung von Häftlingen mit dem Giftgas Zyklon B gegangen sein. Angeklagt ist er wegen Beihilfe zum Mord in 3.518 Fällen.
Seit dem Urteil gegen den ehemaligen KZ-Aufseher John Demjanjuk im Jahr 2011 besteht die Justiz nicht mehr auf den oft unmöglichen Nachweis individueller Schuld. Auch die allgemeine Dienstausübung in einem Lager, in dem erkennbar systematische Massenmorde stattfanden, kann juristisch geahndet werden.
Im KZ Sachsenhausen waren zwischen 1936 und 1945 nach Angaben der dortigen Gedenkstätte mehr als 200.000 Menschen inhaftiert. Zehntausende Häftlinge kamen dort durch Hunger, Krankheiten, Zwangsarbeit, medizinische Versuche und Misshandlungen um oder wurden Opfer systematischer Vernichtungsaktionen.
dpa/cp/LTO-Redaktion
Prozess vor dem LG Neuruppin: . In: Legal Tribune Online, 02.08.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45626 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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