Im Zuge des Dieselskandals war das LG Stuttgart mit Zehntausenden Klagen getäuschter Verbraucher überschwemmt worden. Inzwischen ist die Klagewelle abgeebbt, doch ein aktuelles BGH-Urteil könnte noch mal neuen Schwung in die Sache bringen.
Nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) geklärt hat, dass Dieselkunden fünf bis 15 Prozent des Kaufpreises bei Fahrlässigkeit des Autobauers erstattet bekommen (Urt. v. 26.6.2023, Az.: VIa ZR 335/21, VIa ZR 533/21, VIa ZR 1031/22), hält das Landgericht Stuttgart (LG) eine neue Klagewelle für denkbar. Aufs Verbraucherrecht spezialisierte Kanzleien unternähmen schon jetzt große Marketinganstrengungen, sagte ein Gerichtssprecher. "Eine neue Klagewelle erscheint durchaus möglich." Noch könne aber die Entwicklung nicht konkret abgesehen werden. Denkbar sei auch, dass die meisten prozesswilligen Autkäufer:innen bereits geklagt haben. Das BGH-Urteil enthalte wichtige Grundsätze und Leitlinien für die Instanzgerichte, sagte er weiter. Es könne aber nicht pauschal gesagt werden, ob die Verfahren dadurch einfacher abzuarbeiten sind.
Der BGH hatte Ende Juni den Weg zum Schadensersatz für getäuschte Dieselfahrer:innen deutlich erleichtert. Verbraucher:innen, in deren Autos unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut wurden, haben demnach grundsätzlich Anspruch auf Entschädigung. Allerdings muss nach wie vor nachgewiesen werden, dass es sich überhaupt um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt, diese Frage hatte der BGH nämlich nicht zu klären. Außerdem beläuft sich die Entschädigung in einem festen Korridor von fünf bis 15 Prozent des Kaufpreises. Eine komplette Rückabwicklung kommt dann nicht mehr infrage.
Das Stuttgarter Landgericht war in der Vergangenheit von Zehntausenden Dieselklagen überrollt worden - und das mit Folgen: Hatte die Bearbeitung eines Zivilverfahrens 2017 noch durchschnittlich 6,8 Monate gedauert, waren es 2022 bereits 9 Monate. Zuletzt ging die Zahl der Klagen jedoch zurück. Im Jahr 2021 verzeichnete das Gericht noch rund 10.000 Eingänge, 2022 waren es nur noch rund 3.000. Im ersten Halbjahr 2023 gingen nur noch rund 500 Verfahren ein. Die Gründe hierfür seien nicht bekannt, hieß es.
Insgesamt gingen seit 2018 rund 29.000 Diesel-Klagen am Stuttgarter Landgericht ein. Aktuell sind noch rund 750 davon nicht abgearbeitet.
dpa/ast/LTO-Redaktion
Nach neuem Diesel-Urteil des BGH: . In: Legal Tribune Online, 10.07.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52198 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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