Kein Patient dieses Namens: Google muss Ein-Sterne-Bewer­tung für Arzt löschen

27.06.2018

Ein Arzt sah sich durch eine Ein-Stern-Bewertung bei Google in seinem Ansehen beeinflusst. Zu Recht, findet das LG Lübeck. Schließlich gab es keinen Patienten mit dem angegebenen Nutzernamen. Jedenfalls habe Google das nicht widerlegt. 

Ein Arzt kann eine kommentarlose Bewertung von Google löschen lassen. Das Landgericht (LG) Lübeck hat dem Mediziner Recht gegeben und Google als mittelbarere Störerin zur Unterlassung verurteilt. Für den Fall einer Zuwiderhandlung setzten die Richter ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro fest (Urt. v. 16.06.2018, Az. I O 59/17).

Bei dem Kläger handelt es sich um einen niedergelassenen Kieferorthopäden, der bei Google vergeblich die Streichung einer Ein-Sterne-Bewertung gefordert hatte. Diese erschien auch beim Kartendienst Google Maps. Beim Dienst Google+ können Unternehmen, Praxen und Geschäfte ein registriertes Profil anlegen, über das wiederum in Google Maps zusätzliche Infos wie Fotos und Öffnungszeiten ergänzt werden können. Nutzer, die bei Google registriert sind, können dort dann Bewertungen abgeben. In dem in Lübeck verhandelten Fall hatte ein unbekannter Nutzer eine negative Ein-Sterne-Bewertung abgegeben, ohne diese per Kommentar zu begründen. Die Besonderheit: Als Nutzernamen verwendete er den Namen des Arztes, den er bewertete*. 

Der Orthopäde geht davon aus, dass die schlechte Bewertung nicht von einem Patienten stammt. Er sieht diese als geschäftsschädigend sowie als Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte an und forderte Google deshalb zur Löschung auf. Zunächst erfolglos, das US-Unternehmen argumentierte, auch vor Gericht, dass es sich bei der Bewertung um eine geschützte Meinungsäußerung handle.

Google-Nutzer war gar kein Patient

Dem widersprach das Gericht. Zwar sehen auch die Lübecker Richter in der kommentarlosen Bewertung mit nur einem Stern eine Meinungsäußerung. Für zulässig halten sie diese aber nicht, zumal die negative Bewertung auch die angezeigte Durchschnittsbewertung beeinflusst. 

In Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH (zuletzt zur Plattform Jameda, Urt. v. 1.03.2016, Az. VI ZR 34/15) bewertet das Gericht die Bewertung als eine Mischung aus Wertung und Tatsachen, verneint aber eine Tatsachengrundlage. Und eine schlechte Bewertung ohne Tatsachengrundlage stellt nach Ansicht des LG Lübeck "letztlich immer eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar".

Auch weil der Kommentator ausgerechnet den Namen des Orthopäden für die Abgabe der Bewertung nutzte, halten die Lübecker Richter die Bewertung für geeignet, das Ansehen des Arztes und seiner Dienstleistung negativ zu beeinflussen*. Bei der Abwägung zwischen dem Interesse des Arztes an Schutz seiner sozialen Anerkennung und Berufsehre (Art. 1 Abs 1., Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 12 Grundgesetz, Art 8 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention) einerseits und dem Interesse von Google an der Kommunikation dieser Meinung andererseits (Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK) stellen die Richter darauf ab, dass der Nutzer, der unter dem Namen des Arztes* die Bewertung abgegeben hat, kein Patient des klagenden Arztes war. 

Das hatte der Arzt behauptet und Google hat es nicht widerlegt. Das LG sieht aber eine sekundäre Beweislast, weil das Internetunternehmen Kontakt zu dem - ihm durch Angabe von Namen und Mail-Adresse bekannten - Nutzer hätte aufnehmen können, um darzulegen, dass es eine Tatsachengrundlage für die Bewertung gab, er zum Beispiel erfolglos versucht hat, einen Termin zu vereinbaren. 

Ob Google Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegen wird, war zunächst unklar. In einem ähnlich gelagerten Verfahren hatte das LG Augsburg die Klage eines Zahnarztes abgewiesen (Urt. v. 17.08.2017, Az. 022 O 560/17). Der Mediziner sah ebenfalls sein Persönlichkeitsrecht durch eine Negativ-Bewertung ohne Begründung verletzt, zumal diese von einem Nutzer kam, der kein Patient seiner Praxis gewesen sein sollte. Die Augsburger Richter gaben aber dem Recht auf freie Meinungsäußerung den Vorrang.

mgö/LTO-Redaktion

Mit Materialien der dpa

* Artikel an mehreren Stellen um die Information, dass der Nutzer den Namen des bewerteten Arztes für seine Bewertung verwendete, sowie die vom Gericht daraus gezogenen Schlussfolgerung ergänzt (pl, 28.06.18, 10:26)

Zitiervorschlag

Kein Patient dieses Namens: . In: Legal Tribune Online, 27.06.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/29407 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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