Seit fast einem Jahr macht der Vorfall um Gil Ofarims viral gegangenens Video über angebliche Antisemitismusvorwürfe Schlagzeilen. Seine Anwälte kritisieren nun nachdrücklich das Vorgehen der Justiz und fürchten einen "Schauprozess".
Nachdem das Landgericht (LG) Leipzig die Anklage gegen Gil Ofarim zugelassen und die Hauptverhandlung eröffnet hat, üben die Verteidiger des Musikers deutliche Kritik am Vorgehen der Justiz.
Der Sänger muss sich ab dem 24. Oktober wegen Antisemitismusvorwürfen gegen den Mitarbeiter eines Leipziger Hotels verantworten. Der hatte Anzeige erstattet, im Raum steht, dass Ofarim den Mitarbeiter falsch verdächtigt haben könnte. Es solle "ein öffentlichkeitswirksamer Schauprozess" durchgeführt werden, teilten nun Ofarims Anwälte Alexander Stevens aus München und Markus Hennig aus Berlin mit. Dazu passe, dass der Eröffnungsbeschluss des Leipziger Landgerichts bislang noch gar nicht allen Verteidigern zugegangen sei und diese damit aus der Presse von der Sache erfahren hätten.
Der 40-jährige Ofarim kommt wegen des Vorwurfs der falschen Verdächtigung und Verleumdung vor Gericht, nachdem er vor einem Jahr in einem viralen Video geschildert hatte, dass ein Hotelmitarbeiter ihn aufgefordert habe, seine Kette mit Davidstern abzunehmen, damit er einchecken könne. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Leipzig hat sich der Vorfall aber so nicht zugetragen. Der betroffene Mitarbeiter hatte Anzeige erstattet und tritt im Prozess laut Gericht als Nebenkläger auf.
Dass nun gegen den Musiker ein "Schauprozess" durchgeführt werden solle, zeigt nach Ansicht der Verteidigung auch die Besetzung der Strafkammer mit so vielen Richtern, wie sie sonst nur bei außergewöhnlich schweren Straftaten wie Mord und Totschlag vorgesehen seien. Besonders an dem Fall ist außerdem, dass sich das LG Leipzig wegen dessen "besonderer Bedeutung" als zuständig erachtet und ihn deshalb an sich gezogen hat. Üblicherweise wäre der Fall sonst erst einmal vor dem Amtsgericht gelandet.
Über einen Befangenheitsantrag betreffend einer sinngemäßen Äußerung, dass ein antisemitischer Vorfall in einem Leipziger Luxushotel nahe der Synagoge nicht vorstellbar sei, sei das letzte Wort auch noch nicht gesprochen, so die Verteidiger. Zudem erklärten die Anwälte, das Gericht sei wohl selbst nicht von einer Verurteilung des Musikers überzeugt, wenn es darauf hinweise, dass Ofarims Verhalten auch als "üble Nachrede" betrachtet werden könnte.
dpa/jb/LTO-Redaktion
Musiker Gil Ofarim angeklagt: . In: Legal Tribune Online, 23.09.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49723 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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