Der Spiegel hatte über den Verdacht berichtet, Till Lindemann habe Frauen bei Konzerten mit K.O.-Tropfen betäubt, um sexuelle Handlungen an ihnen vornehmen zu können. Das LG Hamburg hat diese Berichterstattung im Eilverfahren verboten.
Mitte Juni berichtete der Spiegel unter der Überschrift "Götterdämmerung" über Vorwürfe verschiedener Frauen gegenüber Till Lindemann. Dabei wurde auch über den Verdacht berichtet, Lindemann habe Frauen bei Konzerten der Gruppe "Rammstein" mit Alkohol, Drogen oder K.O.-Tropfen betäubt oder betäuben lassen, um ihm zu ermöglichen, sexuelle Handlungen an den Frauen vornehmen zu können.
Nun verbot das Landgericht Hamburg (LG) mit einstweiliger Verfügung die Verbreitung dieses Verdachts. Das LG begründet dies mit einem fehlenden sogenannten "Mindestbestand an Beweistatsachen". Dabei handelt es sich um eine Voraussetzung für zulässige Verdachtsberichterstattung. Nach Auffassung des LG stützen die eidesstattlichen Versicherungen der im Beitrag zu Wort kommenden Frauen schon den Verdacht nicht, dass Lindemann Frauen zum Zwecke anschließender sexueller Handlungen betäubt habe.
Bergmann: "Aus dem Ruder gelaufene 'Me-Too'-Berichterstattung"
Für Lindemanns Rechtsanwalt Simon Bergmann steht die Entscheidung des LG beispielhaft "für eine in jüngster Zeit völlig aus dem Ruder gelaufene Verdachtsberichterstattung zum Thema 'MeToo'". Immer wieder werde zum Zwecke von höheren Abrufzahlen über schwerwiegende Vorwürfe berichtet, obwohl nur einseitige Aussagen vorliegen und strafrechtliche Ermittlungen nicht eingeleitet wurden oder am Anfang stehen. Hierdurch komme es zu massiven Vorverurteilungen und Verstößen gegen die Unschuldsvermutung.
Spiegel: "Kern der Berichterstattung bleibt unberührt."
Der Spiegel betont hingegen gegenüber LTO, dass das Landgericht Hamburg in entscheidenden Fragen seiner Rechtsansicht gefolgt sei und den Verfügungsantrag in weiten Teilen zurückgewiesen haben. "Der Kern unserer Berichterstattung rund um das perfide Casting-System, reichlich Alkohol und die sogenannte „Suck-Box“ bleibt unberührt". Nicht durchsetzen konnte sich Lindemanns Anwälte mit der Forderung, Schilderungen der interviewten Frauen, über die auch LTO berichtete, unter dem Gesichtspunkt der Intimsphäre verbieten zu lassen. Das LG entschied, dass es sich insoweit um rechtmäßige Verdachtsberichterstattung handele. Diesbezüglich werde sofortige Beschwerde eingelegt und die nächste Instanz angerufen, so Lindemanns Rechtsanwalt Simon Bergmann gegenüber LTO.
Welche Berichterstattung nun genau verboten und welche weiter erlaubt ist lesen Sie hier.
fz/LTO-Redaktion
* Ergänzt um Stellungnahme des Spiegel am 18.7.23 um 09:45 Uhr
Kein Mindestbestand an Beweistatsachen: . In: Legal Tribune Online, 17.07.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52269 (abgerufen am: 02.11.2024 )
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