Während der Rammstein-Sänger gegen Medien einige Erfolge erzielte, kassierte er gegen Shelby Lynn, die den Fall ins Rollen brachte, vor dem LG Hamburg eine Niederlage. Die ist mangels Rechtsmittel des Rammstein-Sängers nun rechtskräftig.
"I was spiked at the concert, only had 2 drinks at pre party. And Till gave everybody a tequila shot. I Don't know when this happened or how." Mit diesen Worten auf der Plattform Instagram brachte Shelby Lynn den Lindemann-Fall ins Rollen. (auf deutsch etwa: "Ich wurde auf dem Konzert unter Drogen gesetzt, ich hatte nur zwei Drinks auf der Vorab-Party. Und Till gab allen einen Tequila Shot. Ich weiß nicht, wann oder wie das passiert ist.")
Zeitungen nahmen Kontakt zu mutmaßlich Betroffenen auf und berichteten auf Grundlage von deren Aussagen umfassend über Lindemann und das System der Zuführung von Frauen auf Konzerten. Einige Medien erweckten nach Ansicht des Landgerichts (LG) Hamburg auch den Verdacht, Lindemann habe Frauen gezielt unter Drogen gesetzt, um mit ihnen sexuelle Kontakte zu haben, oder den Verdacht, er habe Frauen vergewaltigt. Diese Verdachtsverbreitungen wurden vom LG mangels eines Mindestbestands an Beweistatsachen verboten. Vor dem LG Frankfurt/Main wurde indes ein Verfügungsantrag von Lindemann gegen die Süddeutsche Zeitung abgewiesen. Weitere Erfolge erzielte Lindemann etwa gegen den Österreichischen Rundfunk (ORF) und gegen die Influencerin Kayla Shyx.
Gegen Shelby Lynn indes scheiterte er mit dem Antrag auf erlass einer Unterlassungsverfügung vor dem LG Hamburg (Beschl. v. 15.08.2023, Az. 324 O 256/23); LTO berichtete.
Was den zentralen Vorwurf angeht, ohne ihr Wissen unter Drogen gesetzt worden zu sein ("I got spiked"), kam das Gericht zu dem Schluss, dass darin keine angreifbare Tatsachenbehauptung liege, sondern eine zulässige Meinungsäußerung von Lynn. Im Kontext der weiteren Schilderungen von Lynn werde dem Leser klar, dass diese nicht behauptete zu wissen, wie ihr Drogen verabreicht worden seien oder gar wer ihr die Drogen verabreicht habe. Daher handele es sich bei ihrer Aussage nur um eine Schlussfolgerung aus unstreitigen Tatsachen, die als Meinungsäußerung zu behandeln seien.
Lindemann kämpft trotz diskutabler Entscheidung nicht weiter
Eine durchaus fragwürdige und diskutable Entscheidung des LG, auch im Vergleich zu seiner sonstigen Linie, in der den Medien bereits zwischen den Zeilen erweckte Verdächtigungen gegenüber Lindemann untersagt wurden.
Doch der Rammstein-Sänger kämpft nicht weiter gegen seinen – ehemaligen – Fan Shelby Lynn. Nach LTO-Informationen hat er keine sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des LG Hamburg zum OLG Hamburg eingelegt. Dies bestätigte sowohl die Pressestelle des LG als auch Lynns Rechtsanwalt Dr. Jasper Prigge. Damit ist das Verfügungsverfahren nun rechtskräftig abgeschlossen.
Theoretisch möglich bleibt für Lindemann noch die Möglichkeit, eine Klage im Hauptsacheverfahren zu erheben. Realistisch ist dies aber nicht. Denn hätte Lindemann eine schnelle gerichtliche Klärung der höheren Instanz erreichen wollen, wäre dies mit der sofortigen Beschwerde möglich gewesen. Das Hauptsacheverfahren nimmt hingegen längere Zeit in Anspruch und es würde zunächst wieder das LG Hamburg mit erwartbarem Ausgang urteilen. Auch Anwalt Prigge hält ein Hauptsacheverfahren durch Lindemann gegenüber LTO für unwahrscheinlich. Lindemanns Rechtsvertretung, Schertz Bergmann Rechtsanwälte, ließ eine LTO-Anfrage zur unterbliebenen Beschwerde und der Frage des Hauptsacheverfahrens unbeantwortet.
Shelby Lynn zeigte sich auf LTO-Anfrage glücklich über das Ende des Verfügungsverfahrens. Es gäbe nun keine weiteren Rechtsstreitigkeiten. Fan sei sie nicht mehr: "Absolutely not, I never want to hear anything of his music or Rammstein music again in my life." Sie richtet den Blick in die Zukunft: Der rechtskräftige Abschluss des Verfahrens ermögliche ihr, ihre Aufklärungsarbeit in den Sozialen Medien fortzusetzen und "anderen jungen Frauen dabei zu helfen, nicht in diese Situationen zu kommen".*
* Die letzten zwei Sätze wurden nachträglich hinzugefügt. (Red. 04.10.2023, 14:39 Uhr)
Äußerungsrechtliches Verfügungsverfahren rechtskräftig: . In: Legal Tribune Online, 04.10.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52838 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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