Der AfD-Politiker soll verbotenes NS-Vokabular auf einer Wahlkampfveranstaltung genutzt haben. Das LG Halle hat nun das Hauptverfahren eröffnet, allerdings vor dem AG: Eine besondere Bedeutung misst das Gericht dem Fall nicht bei.
Bei einer Wahlkampfveranstaltung der AfD vor mehr als zwei Jahren soll der Fraktionsvorsitzende der AfD in Thüringen einen nationalsozialistischen Slogan verwendet haben. Jetzt hat das Landgericht (LG) Halle das Hauptverfahren eröffnet.
Mit Beschluss vom 06. September 2023 hat die 5. große Strafkammer des LG Halle die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen Höcke zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor dem Amtsgericht (AG) Merseburg (Strafrichter) eröffnet. In der Anklageschrift wird Höcke das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen gemäß §§ 86 Abs. 1 Nr. 4, 86a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Strafgesetzbuch (StGB) zur Last gelegt.
Höcke soll am 29. Mai 2021 in Merseburg am Ende einer etwa 22 Minuten langen Rede seinen Vortrag mit der Formel "Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland" beendet haben. Dabei soll er gewusst habe, dass es sich bei dem letzten Teil dieser Formel um eine verbotene Losung der Sturmabteilung (SA) der NDSAP handelt. Das ist nicht fernliegend, denn Höcke war vor seiner poltischen Karriere Geschichtslehrer. Der Thüringer AfD-Landesverband wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft und beobachtet.
LG: Der Fall hat keine besondere Bedeutung
Abweichend vom Antrag der Staatsanwaltschaft hat das LG Halle das Hauptverfahren aber nicht vor der Kammer des Landgerichts, sondern vor dem AG Merseburg eröffnet. Das ist nach §209 Abs. 2 Strafprozessordnung möglich, wonach das Gericht, bei dem die Anklage eingereicht worden ist, das Hauptverfahren vor einem Gericht niedrigerer Ordnung eröffnen kann. Es ist also quasi ein Durchreichen nach unten möglich.
Zur Begründung hat das LG im Wesentlichen ausgeführt, die Zuständigkeit des Landgerichts sei weder wegen der Straferwartung noch wegen einer besonderen Bedeutung des Falles anzunehmen. Zum Hintergrund: In § 24 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) sind die Ausnahmen von der amtsgerichtlichen Zuständigkeit geregelt. Unter anderem bei einer Straferwartung von mehr als vier Jahren Freiheitsstrafe oder einer besonderen Bedeutung des Falls ist das LG erstinstanzlich zuständig.
Das LG erkannte keine außergewöhnliche Relevanz und begründete: Der vorliegende Sachverhalt hebe sich im Vergleich mit gleich gelagerten Delikten weder durch das Ausmaß der Rechtsverletzung noch durch die Auswirkungen der Straftat in besonderer Weise aus der Masse der durchschnittlichen Fälle hervor. Der Bekanntheitsgrad des Angeklagten allein sei nicht geeignet, dem Fall eine besondere Bedeutung zu verleihen. Gegen diesen Beschluss steht der Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu.
Gegen Höcke laufen mehrere Ermittlungsverfahren. Erst vergangene Woche hat der Justizausschuss des Thüringer Landtags seine Immunität als Abgeordneter aufgehoben und den Weg für eine Anklage wegen Volksverhetzung frei gemacht. Dabei ging es um einen Beitrag auf Telegram.
Weil er NS-Vokabular verwendet haben soll: . In: Legal Tribune Online, 13.09.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52697 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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