Eine WEG darf nicht einfach beschließen, dass die Haustür eines Mehrparteienhauses "im allgemeinen Interesse" in den Zeiten der Nachtruhe fest zu verschließen ist. Brennt es, wird die verschlossene Tür nämlich zum tödlichen Hindernis.
Ein Beschluss, die Hausordnung dahingehend zu ändern, dass die Haustür nachts abgeschlossen werden muss, widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, entschied das Landgericht (LG) Frankfurt/Main in einem jetzt veröffentlichten Urteil (v. 12.05.2015, Az. 2-13 S 127/12). Damit änderte es die Entscheidung der Vorinstanz ab, nach deren Auffassung das nächtliche Abschließen in Ordnung gewesen sei.
Hintergrund war der Beschluss einer Wohnungseigentümergemeinschaft, eine Bestimmung ihrer Hausordnung wie folgt abzuändern: "Im allgemeinen Interesse ist die Haustür in der Zeit von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens verschlossen zu halten." Das Amtsgericht (AG) Kassel hatte die Klage der Gemeinschaftsmitglieder, die nicht mit der Änderung einverstanden waren, abgewiesen.
Zu Unrecht, befand das LG Frankfurt/Main. Es stützt sich dabei auf § 21 Abs. 3 Wohnungseigentumsgesetz (WEG), wonach Regeln für die Hausordnung ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen müssen. Demnach sind bei der Ergänzung der Hausordnung um eine neue Regelung die schutzwürdigen Belange der Wohnungseigentümer gegeneinander abzuwägen.
Modernes Türsystem macht Interessenabwägung obsolet
Das Gebot, die Tür nachts abzuschließen, führt nach Auffassung der Frankfurter Richter zu einer erheblichen Gefährdung der Wohnungseigentümer und ihrer Besucher. Denn durch das Abschließen der Haustür sei ein Verlassen des Gebäudes im Brandfalle oder in anderen Notsituationen nur möglich, wenn ein Schlüssel mitgeführt wird. Dieses schränke die Fluchtmöglichkeit erheblich ein, da es auf der Hand liege, dass gerade in Paniksituationen nicht sichergestellt ist, dass jeder Hauseigentümer und jeder Besucher des Hauses bei der Flucht einen Haustürschlüssel griffbereit mit sich führt.
So könne sich eine abgeschlossene Haustür bei einem Brand oder sonstigen Notfall als tödliches Hindernis erweisen. Diesem Interesse stehe zwar das Interesse der übrigen Wohnungseigentümer gegenüber, aus Sicherheitsgründen die Haustür geschlossen zu halten. Die Entscheidung, welches Interesse überwiegt, könne im konkreten Falle dahinstehen, da sich die beiden Interessen in keinem Auschließlichkeitsverhältnis befänden.
Denn wie die beiden Parteien im Rahmen der Versammlung - auf welcher der angefochtene Beschluss gefasst wurde - auch diskutiert hätten, gibt es Schließssysteme, die den Verschluss der Haustür zulassen, auf der anderen Seite ein Öffnen durch flüchtende Bewohner von innen gleichzeitig ohne Schlüssel ermöglichen.
ms/LTO-Redaktion
LG Frankfurt/Main zu Hausordnung: . In: Legal Tribune Online, 25.06.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15993 (abgerufen am: 18.11.2024 )
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