"Ich habe immer klar gesagt, dass Katar ein Krebsgeschwür des Weltfußballs ist." So darf es der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger auch weiterhin mit aller Klarheit ausdrücken, seine Äußerung ist durch die Meinungsfreiheit geschützt.
Dr. Theo Zwanziger, früheres Mitglied des Exekutivkomitees der Fifa und ehemaliger DFB-Präsident, durfte Katar als "Krebsgeschwür des Weltfußballs" bezeichnen. Das Landgericht (LG) Düsseldorf hat eine Klage der Qatar Football Association (QFA) abgewiesen (Urt. v. 19.04.2016, Az. 6 O 226/15). Mit dieser verlangte die QFA Unterlassung von Zwanzigers Äußerung "Ich habe immer klar gesagt, dass Katar ein Krebsgeschwür des Weltfußballs ist." Diese Aussage ist aber nach Auffassung des Gerichts durch die im Grundgesetz in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 gewährte allgemeine Meinungsfreiheit gedeckt.
Mit der Unterlassungsklage hatte der offizielle Fußballverband des Staates Katar sich gegen die entsprechende Äußerung von Zwanziger in einem Interview gegenüber dem Hessischen Rundfunk am 02.06.2015 gewandt.
Die 6. Zivilkammer des LG urteilte, dass die Bezeichnung "Krebsgeschwür" eine Beleidigung im Sinne von § 185 Strafgesetzbuch (StGB) sei. Die Aussage "Krebsgeschwür" sei ein Werturteil, das der QFA zuspreche, in höchstem Maße negativ und schädlich zu sein. Es sei massiv herabwürdigend, weil die Organisation damit den Status einer tödlichen Krankheit erhalte, die mit aller Macht zu bekämpfen sei. "Krebsgeschwür" stehe für einen bösartigen Tumor, der sich im menschlichen Körper ausbreite und schlimmstenfalls zum Tode führe.
Äußerung regt öffentliche Debatte an
Unterlassung kann der Fußballverband nach Auffassung des Gerichts trotzdem nicht verlangen. Denn die Aussage sei, so das Gericht, durch die grundrechtlich geschützte Freiheit der Meinungsäußerung gedeckt. Der ehemalige DFB-Präsident habe die Aussage in Wahrnehmung des berechtigten Interesses getätigt, die öffentliche Debatte über die Vergabe der Fußball-WM nach Katar anzuregen und die Vergabeentscheidung zu kritisieren. Entgegen der Auffassung der QFA spreche nichts dafür, dass Zwanziger das Interview inszeniert habe, um von eigenem Fehlverhalten abzulenken.
Der Vergleich mit einem Krebsgeschwür übersteige zudem noch nicht die Grenze der Erforderlichkeit und Angemessenheit und sei keine Schmähkritik. Es habe nicht die öffentliche Diffamierung der QFA, sondern die Rechtmäßigkeit und Überprüfung der Vergabeentscheidung für die Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar im Vordergrund gestanden. Wer Kritik an öffentlichen Missständen übe, sei nicht auf das mildeste Mittel zur Verdeutlichung seines Standpunktes beschränkt.
Im Hinblick auf die sportliche, wirtschaftliche und politische Bedeutung des Austragungsorts einer Fußballweltmeisterschaft sei der Zweck der Äußerung, die Augen der Öffentlichkeit kritisch auf die Arbeitsweise und Entscheidungsfindung der FIFA zu lenken, höher anzusetzen als der Ehrenschutz der Qatar Football Association.
Im Sommer zu heiß - WM im Winter
"Ich habe niemanden persönlich angegriffen", sagte Zwanziger in einer ersten Reaktion. "Ich war immer davon überzeugt, dass die Kritik an der WM-Vergabe an Katar, auch wenn ich sie mit deutlichen Worten geäußert habe, von der verfassungsmäßig garantierten Meinungsfreiheit gedeckt war".
Er bekräftigte am Dienstag seine Kritik: "Ein Land, halb so groß wie Hessen, mit Menschenrechtsverletzungen und unerträglicher Hitze im Sommer, kann nach meiner Auffassung nicht Austragungsort sein für das mit den Olympischen Spielen größte Sportereignis der Welt."
acr/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
LG Düsseldorf zu Unterlassungsanspruch der Qatar Football Association: . In: Legal Tribune Online, 19.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19125 (abgerufen am: 15.11.2024 )
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