LG Coburg zum "Horrorhaus": Ver­käu­ferin muss nicht auf Dop­pel­mord hin­weisen

11.02.2022

Erst nach dem Kauf erfuhr die Käuferin einer Immobilie, dass dort vor 20 Jahren eine Frau und ihr kleines Kind ermordet wurden. Sie wollte den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten, blieb vor dem LG Coburg aber erfolglos.

Eine Hausverkäuferin muss nicht darauf hinweisen, wenn in der Immobilie ein Verbrechen geschehen ist. Das hat das Landgericht (LG) Coburg in einem am Freitag veröffentlichten Urteil entschieden (Urt, v. 06.10.2020, Az. 11 O 92/20). Damit wies es die Klage einer Käuferin ab, die ein Anwesen erworben hatte, in dem im Jahre 1998 eine Frau und ihr kleines Kind ermordet worden waren.

Die klagende Käuferin hatte die Immobilie im Jahre 2018 von der Beklagten erworben. Letztere war seit dem Jahre 2004 Eigentümerin des Hauses – und hatte auch erst im Nachhinein von dem Verbrechen erfahren. Ihr hatte das jedoch nichts ausgemacht. Die Klägerin hingegen wollte den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten und den Kauf rückgängig machen. Sie war der Ansicht, die Beklagte hätte auch ohne ausdrückliche Nachfrage auf den Doppelmord aus früheren Zeiten hinweisen müssen. Das Haus sei schwer veräußerbar und sein Wert gemindert.

Das LG Coburg sah das anders und wies die Klage ab. Eine arglistige Täuschung sei aus zwei Gründen nicht gegeben.

"Doppelmord keine entscheidende Rolle"

Zum einen habe keine Hinweispflicht der Verkäuferin bestanden. Eine ungefragte Aufklärungspflicht treffe den Vertragspartner bzw. die Vertragspartnerin nur dann, wenn der andere Teil redlicherweise einen entsprechenden Hinweis erwarten darf. Es gebe keine allgemeine Pflicht, Umstände zu offenbaren, die für den Vertragsschluss des anderen von Bedeutung sein könnten. Bei einem solchen Verbrechen könne zwar durchaus eine Offenbarungspflicht bestehen – aber nicht mehr, wenn seit dem Mord 20 Jahre vergangen seien. Die Bedeutung dieses Ereignisses für eine Kaufentscheidung werde erwartungsgemäß immer weniger.

Zum anderen habe die Klägerin auch kein arglistiges Verhalten der Beklagten nachweisen können. Diese habe selbst noch mehr als zehn Jahre in dem Haus gewohnt, nachdem sie von dessen Vorgeschichte erfahren hatte. "Dementsprechend spielte der Doppelmord beim Verkauf des Hauses für die Beklagte auch keine entscheidende Rolle", heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts. Das Gericht war deshalb nicht davon überzeugt, dass die Beklagte beim Verkauf davon ausgegangen war, die Klägerin hätte das Anwesen in Kenntnis des Verbrechens nicht ebenso erworben.

Das Urteil aus dem Jahr 2020 ist inzwischen rechtskräftig, weil die Klägerin ihre Berufung nach einem Hinweis des Oberlandesgerichts Bamberg zurückgenommen hat.

fkr/LTO-Redaktion

Mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

LG Coburg zum "Horrorhaus": . In: Legal Tribune Online, 11.02.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47511 (abgerufen am: 19.11.2024 )

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