Das LG Bochum muss über das Rückrittsrecht eines VW-Kunden befinden, der sein Auto wegen des Abgas-Skandals zurückgeben will. Das Gericht erklärte am Mittwoch, keinen erheblichen Mangel zu sehen. Ein Urteil ist aber noch nicht ergangen.
Im Abgas-Skandal bei Volkswagen müssen Hersteller und VW-Händler nach einer am Mittwoch geäußerten Auffassung des Landgerichts (LG) Bochum die manipulierten Autos nicht zurücknehmen. Zwar liege wohl eindeutig ein Mangel vor, sagte Richter Ingo Streek zum Start eines Zivilprozesses. Dieser Mangel sei aber nicht erheblich im rechtlichen Sinn, weil er mit relativ geringem Aufwand beseitigt werden könne.
Nur bei erheblichen Mängeln sei eine Rückabwicklung des Kaufs vorgeschrieben. "Das schärfste mögliche Mittel hält das Gericht hier nicht für angemessen", sagte ein Gerichtssprecher.
Das Bochumer Verfahren ist der bundesweit wohl erste Prozess, in dem ein privater VW-Fahrer wegen der Abgas-Affäre vor Gericht Ansprüche geltend macht. Der Stammkunde eines Autohauses aus der Ruhrgebietsstadt hatte auf Rücknahme seines knapp ein Jahr alten und rund 38.000 Euro teuren VW Tiguan geklagt, weil der Wagen deutlich mehr Schadstoffe ausstoße als vom Hersteller angegeben.
Behebung des Softwaremangels soll 100 Euro kosten
Volkswagen zufolge kann das Problem beim Auto des Klägers mit einem Software-Update innerhalb von 30 Minuten behoben werden. Ein Rückruf für verschiedene betroffene Motorvarianten war mit dem Modell Amarok kürzlich angelaufen, die größten Rückruf-Wellen stehen noch bevor.
Als nächstes sind unter anderem Modelle des Passat an der Reihe.
Die Kosten für das genannte Programm-Update beziffert das Unternehmen laut Gericht auf etwa 100 Euro. Streek verwies auf eine Grundsatzentscheidung, nach der ein erheblicher Mangel erst dann vorliegen könne, wenn dessen Behebung mehr als ein Prozent des Kaufpreises koste.
Der Anwalt des Autokäufers wies die Argumentation des Gerichts zurück. So bestreite er, dass Entwicklung und Aufspielen des Software-Updates nur 100 Euro kosteten. Außerdem sei der Mangel schon deshalb erheblich, weil der Wagen für den Kunden angesichts der breiten Debatte um den VW-Skandal derzeit unverkäuflich sei. Der Kläger wolle nicht weiter warten, bis sein Auto eine neue Software erhalte, und er befürchte auch weniger Leistung oder mehr Verbrauch. Volkswagen strebt an, die bisherigen Fahrzeugdaten auch nach den geplanten Umrüstungen beibehalten zu können.
VW um gütliche Einigung bemüht
Eine Entscheidung gibt es in dem Fall noch nicht. Der Anwalt des Bochumer VW-Autohauses bot vor Gericht "aus freien Stücken" eine Rücknahme des Wagens zu einem "marktüblichen Preis" an - im Gegenzug für den Kauf eines Neufahrzeuges. Darüber soll in den nächsten Tagen zwischen den Parteien verhandelt werden. Für den Fall, dass es keine gütliche Einigung gibt, setzte das LG einen Verkündungstermin für die Entscheidung in 14 Tagen an.
Bundesweit sind rund 2,5 Millionen Autos von der VW-Abgas-Affäre betroffen. Das Unternehmen setzt auf Nachbesserungen beim Rückruf. Für die USA hatte Konzernchef Matthias Müller allerdings zumindest in Einzelfällen auch Rückkäufe nicht ausgeschlossen.
In Deutschland laufen zahlreiche Klagen gegen VW als Konzern oder gegen einzelne Autohäuser auf Rückgabe oder Wertminderung. Für den Fall einer Niederlage hat der Anwalt des Klägers im Bochumer Verfahren bereits angekündigt, in Berufung gehen zu wollen.
dpa/una/LTO-Redaktion
LG Bochum verhandelt wegen VW-Abgasskandals: . In: Legal Tribune Online, 02.03.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18656 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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