Zwei Männer leisteten sich in ihren Sportwagen auf dem Berliner Kudamm ein Rennen, einer von ihnen fuhr dabei einen Unbeteiligten zu Tode. Die Fahrer stehen nun wegen Mordes vor Gericht - in Deutschland ein rechtliches Kuriosum.
Nach einem tödlichen Autorennen steht vor dem Berliner Landgericht (LG) der Vorwurf des Mordes im Raum - erstmals in Deutschland im Zusammenhang mit Rasern. Mit mehr als 160 Kilometern pro Stunde sollen sich die Angeklagten durch die westliche Innenstadt von Berlin gejagt haben. Bis einer der Sportwagenfahrer in der Nähe des Kurfürstendamms einen Jeep rammte. Dessen 69-jähriger Fahrer starb.
Die Männer sind 24 und 27 Jahre alt und seit sechs Monaten in Haft. Ein Verteidiger des 27-Jährigen sagt: "Er bereut zutiefst." Der Vorwurf des Mordes sei haltlos, meinen alle Verteidiger.
"Die Angeklagten versuchten das illegale Straßenrennen zu gewinnen und sich die damit verbundene und angestrebte Selbstbestätigung zu sichern", verlas Ankläger Christian Fröhlich. Tödliche Folgen hätten sie bei dem sogenannten Stechen billigend in Kauf genommen. Zwei Mordmerkmale im Sinne des § 211 Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB) sieht Fröhlich: Ein Handeln aus niedrigen Beweggründen und mit gemeingefährlichen Mitteln.
Sreit: Mord oder fahrlässige Tötung?
Über die rechtliche Bewertung lässt sich streiten. "Der Raserei ein Ende machen darf man nicht, indem man die Gesetzeslage unzulässig ausweitet und verschärft", argumentierte ein Anwalt im Gerichtssaal. Der Vorsatz, an einem Rennen teilzunehmen, sei nicht mit einem Tötungsvorsatz gleichzusetzen. Ab welcher Geschwindigkeit denn eine fahrlässige Tötung zu einem Totschlag oder Mord werden solle, fragte ein Verteidiger.
Der Fall in Berlin war ein Unglück, bei dem das Opfer keine Chance hatte. Bei Grün rollte der Jeep am 1. Februar 2016 gegen 0.40 Uhr auf eine Kreuzung. Die zwei Sportwagen, deren Fahrer bereits mehrfach wegen Delikten im Straßenverkehr aufgefallen waren, rasten heran. Mit mindestens Tempo 160 rammte der 27-jährige Angeklagte Ermittlungen zufolge den Geländewagen. 70 Meter weit wird der Jeep geschleudert. Der Fahrer stirbt noch in seinem Fahrzeug.
Eine Bekannte des 24-Jährigen war die erste Zeugin im Prozess. Die 22-Jährige saß im Auto des Mitarbeiters einer Sicherheitsfirma, als es zum Crash kam. Die Sportwagenfahrer hätten sich zufällig an einer Ampel getroffen, sagt die Frau. "Sie kurbelten die Scheiben runter und redeten." Der 27-Jährige sei dann losgerast. Sein Kontrahent habe noch an zwei roten Ampeln gehalten. "Dann hat er aufgeholt." War es ein verabredetes Rennen? Die Zeugin schüttelte den Kopf: "Auf keinen Fall."
Der tödliche Unfall hat die Debatte über härtere Strafen gegen Teilnehmer illegaler Autorennen angekurbelt. Als Ordnungswidrigkeit sind sie bislang eingestuft - mit 400 Euro Buße und einem Monat Fahrverbot als Strafe. Tödliche Verkehrsunfälle haben für Verursacher in der Regel eine Anklage wegen einer fahrlässig begangenen Tat zur Folge.
dpa/nas/LTO-Redaktion
LG Berlin zu Kudamm-Rasern: . In: Legal Tribune Online, 08.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20528 (abgerufen am: 16.11.2024 )
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