LG Berlin: Entscheidung über Freilassung aus Sicherungsverwahrung

14.01.2011

Die Strafvollstreckungskammer des LG Berlin hat in drei Verfahren über die Fortdauer der Sicherungsverwahrung entschieden, bei denen zum Zeitpunkt ihrer Anordnung eine gesetzlich bestimmte Höchstfrist von zehn Jahren bestand.

In zwei der Verfahren ist die weitere Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ab Februar bzw. ab März 2011 für erledigt erklärt und Führungsaufsicht mit einer Vielzahl von Weisungen angeordnet worden. Die beiden Untergebrachten im Alter von heute 58 und 66 Jahren waren vom Landgericht (LG) Berlin in den Jahren 1982 und 1986 wegen Sexualstraftaten zu Freiheitsstrafen von 14 Jahren bzw. von sieben Jahren verurteilt worden. Ferner wurde bei beiden ihre anschließende Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet.

Im dritten Fall ist die weitere Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zur Bewährung ausgesetzt worden. Darüber hinaus wurde ebenfalls Führungsaufsicht mit einer Vielzahl von Weisungen angeordnet. Der heute 50 Jahre alte Untergebrachte war wegen Sexualstraftaten im Jahr 1991 zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Ferner wurde seine anschließende Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet.

Hintergrund dieser Entscheidungen ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 17. Dezember 2009. Der EGMR hatte dort gerügt, dass die Anwendung einer gesetzlichen Vorschrift, mit der die Höchstfrist der Sicherungsverwahrung von zehn Jahren abgeschafft wurde, auf Altfälle gegen die Menschenrechtskonvention verstoße. An dieser Rechtsprechung hält der EGMR auch fest.

Nach Auffassung der Strafvollstreckungskammer folge hieraus zwar nicht, dass solche Untergebrachten sofort auf freien Fuß zu setzen sind, bei denen die bei Tatbegehung geltende Zehnjahresfrist für erstmals verhängte Sicherungsverwahrung bereits abgelaufen ist. Jedoch könne nur bei höchstgefährlichen Verurteilten nach Ablauf der zehn Jahre eine Fortdauer der Sicherungsverwahrung gerechtfertigt sein.

Die Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig. Sie können mit der sofortigen Beschwerde angegriffen werden.

plö/LTO-Redaktion

Mehr auf LTO.de

EGMR zur Sicherungsverwahrung: "Es geht eben nicht nachträglich!"

Kay Nehm zur Neuregelung der Sicherungsverwahrung: "Eine gute Lösung - mit erheblichen Risiken im Detail"

Sicherungsverwahrung: Deutschland zwischen Freiheit, Sicherheit und dem EGMR

Sicherungsverwahrung: Wegsperren - aber wie?

Zitiervorschlag

LG Berlin: . In: Legal Tribune Online, 14.01.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2335 (abgerufen am: 24.11.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen